Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Sigmar Gabriel attestiert deutscher Wirtschaft gute Verfassung
Der Bundeswirtschaftsminister mahnt im Wahlkampf jedoch Zurückhaltung an und warnt zudem vor Luftschlössern
(dpa) - Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat an alle Parteien appelliert, bei Versprechen im Wahlkampf „Maß und Mitte“zu halten. „Die gute Haushaltslage hat ja einen extrem schwindsüchtigen Grund, nämlich sehr niedrige Zinsen. Jährlich sparen wir derzeit 20 Milliarden Euro, das kann sich schnell ändern“, sagte der SPD-Vorsitzende und Vizekanzler am Montag. Daher wäre es fahrlässig, etwa in großem Umfang Steuersenkungen zu versprechen.
Gabriel zog in Berlin eine Bilanz der bisherigen Arbeit seines Ministeriums in dieser Legislaturperiode. Deutschland bescheinigte er eine günstige Arbeitsmarktlage und ein sehr solides Wachstum. „Auch in diesem Jahr werden wir zwischen 1,7 und 1,8 Prozent erreichen, maßgeblich übrigens ganz stark durch die starke Nachfrage aufgrund höherer Einkommen in Deutschland getrieben.“Gabriel halte dies für eine „gesunde Entwicklung“, da die Abhängigkeit von den derzeit instabilen Entwicklungen in der Weltwirtschaft verringert worden sei. Gabriel hatte das Wirtschaftsministerium Ende 2013 übernommen. In seiner Bilanz hob der Vizekanzler Fortschritte etwa bei der Steigerung öffentlicher und privater Investitionen hervor und lobte das von der EU mit Kanada unterzeichnete, in Teilen der Öffentlichkeit aber umstrittene, Ceta-Freihandelsabkommen. Beim Ausstieg aus der Kernenergie zeigte er sich zuversichtlich, dass auch die letzten Fragen, die Schadenersatzforderungen der Unternehmen beträfen, „gut“geregelt werden können.
Der Minister sagte weiter: „Die größte Gefahr ist jetzt, dass wir im Wahljahr und in der Zeit danach uns zu sehr auf der guten Lage ausruhen.“Weder niedrige Rohstoffpreise noch Zinsen und ein guter Wechselkurs für die Exportwirtschaft seien von Dauer. Gabriel mahnte daher weitere Investitionen an, insbesondere in Bildung, Forschung und Entwicklung. „Ich glaube, wir werden um eine steuerliche Forschungsförderung nicht umhinkommen, wenn wir mehr in diesem Bereich vorankommen wollen.“Zugleich pochte er unter anderem auf einen schnelleren Ausbau von Gigabit-Netzen, eine raschere Sanierung der klassischen Infrastruktur wie etwa Straßen und Brücken sowie stärkere Investitionen in den Wohnungsbau.