Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schindelmeiser baut den VfB um
Der Manager sucht Verstärkungen, will einen neuen Kommunikationsstil – Andreas Hinkel übernimmt die U23
Pereira Vitor
Nachdem
(Foto: dpa) die großen Ziele verkündet hatte, die er mit dem TSV 1860 München verfolgen möchte, nahm der nächste Kandidat, der sich an der Verfolgung eben dieser großen Ziele versuchen darf, einen Zettel und las auf Deutsch ab: „Frohe Weihnachten“, und dann: „Einmal Löwe, immer Löwe!“Danach ging es ins Wirtshaus, zum umjubelten Empfang bei den Fans. Bis zum 30. Juni 2018 soll der Portugiese nun zunächst in München-Giesing wirken. „Ich möchte den Verein in die Bundesliga führen. Das ist die gestellte Aufgabe. Wir haben dafür anderthalb Jahre. Es ist eine große Herausforderung, aber ich liebe Herausforderungen. Dieser Verein müsste zu den ganz Großen in Deutschland gehören“, sagte Pereira. Letzteres haben zwar schon sehr viele Trainer von 1860 behauptet, aber keiner war zuvor unter anderem Meistertrainer beim FC Porto (2012, 2013) und Doublegewinner bei Olympiakos Piräus (2015) gewesen. Für die Löwen verfügbar war Pereira, weil er im Sommer nach nicht geschaffter Champions-League-Qualifikation bei Fenerbahce entlassen wurde. Momentan trennen den TSV 1860 als 14. der zweiten Liga zwei Punkte vom Abstiegsrelegationsrang. (fil)
Valérien Ismaël
(Foto: dpa) soll vor dem Aus beim VfL Wolfsburg stehen. Wie die „Bild“berichtet, wird das heutige Spiel in Mönchengladbach (20/Sky) das letzte Spiel unter der Leitung des Franzosen sein. Danach soll laut Informationen des Blatts David Wagner übernehmen. Derzeit arbeitet der 45-Jährige als Teammanager des englischen Zweitligisten Huddersfield Town. Der VfL dementierte Verhandlungen mit Wagner, der ein enger Freund von Liverpools Trainer Jürgen Klopp ist und als Trainer ähnlich arbeiten soll wie er. Ismael war erst im Oktober auf Dieter Hecking gefolgt, Anfang November erhielt er einen Vertrag als Cheftrainer, allerdings belegt der VfL nur Platz 15 und hat nur einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsrang. (SID)
- „Wir brauchen Mitarbeiter, die ihre Meinung sagen, Kritik äußern und keine Angst haben müssen, dafür sanktioniert zu werden. Wir wollen eine offene Kultur, denn wir müssen einiges ändern, überall im Verein.“Wenn die Mitarbeiter des VfB Stuttgart die am Montag getätigten Anregungen des VfB-Managers Jan Schindelmeiser ernst nehmen, dürfte einiges über Schindelmeiser hereinbrechen.
Nach dem 0:3 am Sonntag in Würzburg, dem ein 1:2 gegen Hannover voranging, könnten diverse inund externe Fachkräfte schließlich der Meinung sein, dass der VfB alles kann – außer verteidigen. Wer in der Hinrunde bei den Aufsteigern aus Unterfranken und zuvor schon Dresden mit insgesamt 0:8 Toren und null Punkten vom Platz geht, muss an seinen Abwehrkräften arbeiten. Tatsächlich beklagen Schindelmeiser und Trainer Hannes Wolf die „fehlende Balance“im VfB-Spiel. „Wir haben eine ordentliche Hinrunde gespielt, aber Würzburg sitzt tief. Ich werde diese Enttäuschung ins neue Jahr mitnehmen“, sagte Schindelmeiser. Der Manager will den VfB umbauen, um ihn fit für das Unternehmen Wiederaufstieg zu machen.
Kader/Neuzugänge:
Der VfB hat Unwuchten in der Mannschaft: etliche talentierte Offensivkräfte und Techniker, aber nur wenige rustikale Rackerer. Zudem scheinen einige Probleme mit der Einstellung zu haben, scheinen zu leicht zufrieden, nicht wehrhaft genug, nicht bereit, sich zu quälen. „Wir brauchen Spieler, die sich jeden Tag mit jeder Faser ihres Körpers verbessern wollen, die Ziele haben, die immer gewinnen wollen, im Training, auf dem Feld, außerhalb. Die Frage, ob ein Spieler mehr Energie in die Gruppe einbringt als er rauszieht, ist für uns in der Personalplanung entscheidend“, sagt Schindelmeiser. Und: „Es wird personell Veränderungen geben, alles einfach laufen zu lassen, ist keine Option. Der eine oder andere wird dazukommen, der eine oder andere gehen.“Die Defensive – 21 Gegentore, Platz zehn in der Liga – ist die Großbaustelle. Ein Sechser mit kluger Spieleröffnung, der neben Kapitän Christian Gentner abräumt und antreibt, tut ebenso not wie ein stabiler Abwehrchef, der auch Kommandos geben kann. Allerdings: Auch die Außenverteidiger Emiliano Insua und Weltmeister Kevin Großkreutz zeigen defensiv Schwächen.
Trainer:
Auch nach drei Monaten ist noch nicht ganz klar, was Hannes Wolf will. Der 35-Jährige favorisierte zuletzt eine Dreier- respektive Fünferkette in der Abwehr, er schwört auf taktische Flexibilität, scheint seine wechselnden Verteidiger damit aber zu überfordern. Womöglich wäre die Rückkehr zur Viererkette angebracht. „Unter Wolf hat sich jeder Spieler weiterentwickelt“, sagte Präsident Wolfgang Dietrich kürzlich. Bloß: Auf dem Feld müssen die Akteure das noch nachweisen.
Legionäre:
Nur zwei Deutsche standen in Würzburg in der Startelf des VfB, bei Nachbar und Verfolger Heidenheim waren es zehn. Eine gemeinsame Sprache, eine ähnliche Sozialisation, erleichtern gemeinhin Kommunikation und Integration, Schindelmeiser aber lehnt den Vergleich mit der Überraschungsmannschaft ab. „Heidenheim ist zufrieden, wenn es in der Liga mitspielt, von uns erwarten alle den Aufstieg“, sagt er. „Natürlich würde ich am liebsten nur mit Spielern aus Bad Cannstatt, aus Württemberg, aus Süddeutschland spielen. Aber die habe ich derzeit nicht, und ich muss schauen, was dem VfB in dieser Situation am besten weiterhilft“, sagt der Manager.
Finanzen:
Durch gutes Haushalten und der Treue von Fans und Sponsoren hat der VfB rund zehn Millionen Euro zur Verfügung, um den Kader zu stärken. Dass davon alles nun schon in der Winterpause investiert wird für das Ziel Wiederaufstieg, ist nicht zu erwarten. Der Transfermarkt im Winter ist diffizil (Schindelmeiser: „Die guten Spieler stehen fast alle langfristig unter Vertrag“), zudem werde man keinen Aktionismus betreiben. Der Manager spricht von „begrenzten Ressourcen“. Aber: „Wir sind handlungsfähig.“
Nachwuchs:
Die Jugend des VfB, einst der größte Stolz des Vereins, steckt in der Krise. Die A-Junioren sind als Rekordmeister derzeit hinter Ingolstadt und Karlsruhe Vorletzte in der U19-Bundesliga. Der direkte Unterbau, die U23, steckt nach dem Abstieg in die Regionalliga als Ligazwölfter erneut im Abstiegskampf. „Wir brauchten Zeit, uns nach dem Abstiegsstrudel wiederzufinden“, sagt Schindelmeiser, der aber mit Sportkoordinator Marc Kienle bereits Konsequenzen gezogen hat: Ex-Nationalspieler Andreas Hinkel (34), bis dato Co-Trainer, wird ab sofort Chefcoach der U23 und ersetzt Interimstrainer Walter Thomae. Heiko Gerber, 2007 mit dem VfB Meister, übernimmt die U19, Kai Oswald die U16 – beide tauschen damit ihre Rollen. Das prinzipielle Problem aber ist ein größeres. Durch den Abgang der Trainer Frieder Schrof und Thomas Albeck, die 2012 zuerst von Ex-Manager Fredi Bobic vergrault und dann von Leipzigs Sportchef Ralf Rangnick abgeworben wurden, hat der VfB enorme Fachkompetenz verloren – und damit auch das Vertrauen von Eltern und Jungprofis, die es eher nach Hoffenheim zieht.
Fans:
Sie halten dem VfB die Treue. Mit 48 300 Zuschauern im Schnitt – mehr als Inter Mailand – ist der Club die Nr. 16 in Europa. „Unfassbar“, findet Schindelmeiser. „Wir wissen, welcher Auftrag das ist und welche Verantwortung. Wir dürfen diese Menschen nicht enttäuschen.“