Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Attacke auf Grün-Schwarz
Opposition wirft Regierung Trickserei beim Etat vor
(tja) - Mit scharfen Worten haben die Vertreter der Opposition im Stuttgarter Landtag die bisherige Regierungsarbeit von Grünen und CDU attackiert.
Bei der Aussprache zum Haushaltsentwurf am Mittwoch warfen AfD, SPD und FDP der Koalition Tricksereien beim Etat ebenso vor wie zahlreiche weitere Versäumnisse. Grün-Schwarz investiere an falscher Stelle und spare stattdessen bei Bildung und Kommunen. Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen sei es unverständlich, warum Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) 2017 keine Kredite zurückzahlen wolle. Wer schon in guten Zeiten keinen soliden Haushalt aufstelle, sei für Krisen nicht gerüstet, so die Kritik. Das Land hat aktuell rund 47 Milliarden Euro Schulden. Redner von Grünen und CDU verteidigten die Pläne der Koalition. „Das Steuergeld der Bürger ist bei uns in guten Händen“, sagte Sitzmann.
- Trickserei, unsolide, auf Kosten kommender Generationen: Mit scharfen Worten haben am Mittwoch Vertreter der drei Oppositionsparteien im Stuttgarter Landtag den Haushaltsentwurf der grünschwarzen Regierung attackiert. Redner von AfD, SPD und FDP warfen der grünen Finanzministerin Edith Sitzmann vor, an den falschen Stellen zu sparen und den Schuldenberg des Landes nicht abzutragen. Grüne und CDU hingegen verteidigten die Pläne. Die wichtigsten Punkte der Debatte im Überblick.
Kein Schuldenabbau
47 Milliarden Euro Schulden hat das Land Baden-Württemberg. Sitzmann will die Verbindlichkeiten aber 2017 nicht abbauen, und das trotz Steuereinnahmen in Rekordhöhe. Knapp 36 Milliarden Euro fließen 2016 voraussichtlich in die Landeskassen. Das Argument von Grünen und CDU nannte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart: „Sanierungen, die wir heute angehen, sparen uns morgen bares Geld.“Um dies tun zu können, will die Landesregierung die Regeln ändern. Damit muss sie nicht wie bisher automatisch Kredite tilgen, wenn die Mehreinnahmen eine bestimmte Schwelle überschreiten. Stattdessen fließen mehr als 120 Millionen Euro in eine Fonds zur Sanierung von Straßen, Brücken und Gebäuden. „Das ist unverantwortliche Politik auf dem Rücken nachfolgender Generationen“, sagte Andreas Stoch (SPD). Damit widerspreche man einem selbst gefassten Grundsatz: In schlechten Zeiten Schulden machen, aber in guten tilgen – eine Kritik, die auch AfD und FDP teilen. „Leute, die Schulden heute nicht tilgen, werden morgen von der eigenen Politik eingeholt“, kritisierte Hans-Ulrich Rülke (FDP). „Wann wollen Sie Schulden tilgen wenn nicht heute?“, fragte Jörg Meuthen (AfD).
Sparen auf Kosten von Bildung und Wissenschaft
Unisono kritisierten die Redner der Opposition, dass Grüne und CDU rund 1070 Lehrerstellen in den kommenden Jahren abbauen. Einige dieser Streichungen wurden bereits unter der alten Landesregierung von Grünen und SPD vereinbart. Die SPD rechtfertigt dies nun so: Sie habe sich den Sparwünschen der Grünen entgegengestellt und Schlimmeres verhindert. Das Gegenargument von Grünen und CDU: In BadenWürttemberg kämen so wenige Schüler auf einen Lehrer wie sonst nirgendwo in Deutschland. Das sei aber alleine noch kein Garant für einen guten Unterricht – wie ja jüngste Ergebnisse bei Leistungstests zeigen. Deswegen halten die Regierungsparteien den Ruf nach mehr Lehrern nicht zwangsläufig für gerechtfertigt, sondern wollen an anderen Stellschrauben im Schulsystem drehen. Die AfD warf der Regierung vor, eine vollkommen falsche Bildungspolitik zu betreiben: Die Bürger seien gegen Ganztag, Gemeinschaftsschulen und Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern. SPD und FDP griffen außerdem die Pläne der Regierung an, Gebühren von ausländischen Studierenden zu verlangen. Das widerspreche dem Gedanken einer weltoffenen Gesellschaft.
Kommunen unter Druck
Die Streitfrage an dieser Stelle lautet: Bekommen die Städte, Gemeinden und Landkreise 2017 weniger oder mehr Geld vom Land? Die Antwort ist deshalb kompliziert, weil es viele verschiedene Töpfe gibt und komplizierte Verrechnungen. Die Regierung argumentiert, am Ende bliebe den Kommunen trotz einiger Kürzungen eben so viel Geld wie bisher – weil sie an anderer Stelle neue Zuschüsse bekämen. Finanzministerin Sitzmann betonte: „Im Bundesvergleich weisen die Kommunen in Baden-Württemberg die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung und die zweithöchsten Investitionen aus. Unsere Kommunen stehen also gut da.“Die Opposition hält Grünen und CDU dagegen vor, die Kommunen zu einer Einigung bei diesem Thema gedrängt zu haben. Einige große Städte wie Mannheim, Karlsruhe oder Pforzheim hätten mit erheblichen Finanzproblemen zu kämpfen.
Falsche Prioritäten
● Aus Sicht der AfD müsste die Landesregierung unter anderem mehr für Familien ausgeben und weniger für die dauerhafte Integration von Flüchtlingen, mehr für Straßenbau und weniger für Umwelt- und Naturschutz. Meuthen warf Grünen und CDU vor, eine familienfeindliche Politik zu betreiben. „Deutschland schafft sich ab“, so der AfD-Fraktionschef. Die SPD wiederum wünscht sich mehr Landesmittel für den sozialen Wohnungsbau – auch, um den sozialen Frieden im Land nicht zu gefährden. Wenn Familien keine bezahlbaren Unterkünfte fänden, führe das zu Konfliktstoff. Die FDP vermisst mehr Anstrengungen für die Integration von Flüchtlingen. Es müsse mehr Deutschkurse geben, mehr Angebote zur Weiterbildung und eine verkürzte Berufsausbildung für bereits vorqualifizierte Flüchtlinge.