Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
CSU erhöht den Druck auf Merkel
Innenpolitiker Stephan Mayer (CSU) sieht Zäsur in der Flüchtlingspolitik – CDU kritisiert Seehofer
- Während in Berlin Verletzte des Terroranschlags mit vermutlich islamistischem Hintergrund noch mit ihrem Leben ringen, hat der politische Streit um die Flüchtlingspolitik bereits Fahrt aufgenommen. Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer bereits am Dienstag eine Neujustierung der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik gefordert hatte, legte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), nach. Mayer sagte nach der Sondersitzung des Innenausschusses, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass der verdächtige Tunesier der Täter sei, zeige sich deutlicher Handlungsbedarf. Tunesien gehört zu den Maghreb-Staaten, die CDU und CDU seit Monaten als sichere Herkunftsstaaten einstuften. Außerdem stelle sich die Frage, warum der Tunesier eine Duldungsbescheinigung hatte, wenn er doch abgeschoben werden sollte, so Mayer.
Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) warnte vor Schnellschüssen. Man solle die politische Debatte führen, wenn die Ergebnisse auf dem Tisch lägen. Für die CDU gelte der Grundsatz, zunächst den Sachverhalt zu klären und dann politische Schlussfolgerungen zu ziehen, sagte Harbarth im Hinblick auf Seehofers Forderungen. CDU-Vize Julia Klöckner kritisierte ebenfalls Seehofer: „Selbst eine Obergrenze gewährleistet doch nicht, dass nur Heilige unter den Flüchtlingen wären.“
Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka riet zu Misstrauen gegenüber Menschen, die schon nach wenigen Stunden eine Antwort haben. „Die Terrorgefahr in Europa verlangt komplexere Antworten als jene, sie mit der Flüchtlingspolitik der letzten Monate zu verbinden“, so Lischka. Auch die Irene Michalitsch (Grüne) meinte, man müsse das Signal senden, „dass wir uns weder von Islamisten noch von Rechtspopulisten durch die Arena treiben lassen“. Frank Tempel von den Linken riet, genau hinzuschauen, was zur Tat geführt habe, und zu klären, ob es eine Radikalisierung schon vor der Einreise nach Deutschland gab oder erst hier. Stephan Mayer sieht dagegen eine Zäsur. Der Terror habe in Deutschland eine andere Dimension erlangt. „Es wäre falsch, unsere Bundeskanzlerin verantwortlich zu machen. Aber es wäre ebenso falsch zu behaupten, dass die Flüchtlingskrise nichts mit der erhöhten Terrorgefahr zu tun hat“, meinte Mayer.
Abschiedskultur gefordert
Der CDU-Politiker Armin Schuster unterstützt den CSU-Kurs. „Die wohltemperierte Flüchtlingspolitik sehe ich so nicht als fortsetzbar an“, meinte er. Man brauche eine drastische Kursverschärfung gegenüber der Opposition und dem Koalitionspartner. Selbst wenn der jetzt verdächtige Tunesier nicht der Täter sei, habe man in diesem Fall ein Musterbeispiel für Asylpolitik. „Wir brauchen nicht nur eine Willkommenskultur, sondern auch eine konsequente Abschiedskultur“, so Schuster.