Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Vergrößere dein Zelt!“
Die Steyler Missionsschwestern sind auch in der Flüchtlingshilfe aktiv
- Seit 127 Jahren gibt es die Steyler Missionsschwestern. Weltweit sind sie tätig unter Menschen, die Not leiden und am Rande stehen, und helfen mit, Lebensumstände zu verbessern. Im Laupheimer Dreifaltigkeitskloster, heute ein Alterssitz des Ordens, können Besucher viel über diese Arbeit erfahren – und über neue Projekte, die Migranten und Flüchtlingen gewidmet sind.
„Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit“
Fünfzehn Jahre war Schwester Christel Daun in Papua-Neuguinea im Einsatz. Sie hat an Schulen unterrichtet und Lehrer ausgebildet, „ziemlich im Busch“, wie sie lächelnd erzählt. Bei Stammesfehden flogen Pfeile und Messer.
Von Laupheim aus verfolgt die 73Jährige jetzt wachen Blickes das Weltgeschehen und die Entwicklung der katholischen Kongregationen. „Wir werden alle weniger, wir können nicht mehr allein“, sagt sie und hat erkannt: „Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit mit anderen.“Ein Projekt auf Sizilien, angestoßen vor einem Jahr von der Vereinigung der Generaloberinnen in Rom, sei beispielhaft dafür. Zehn Schwestern aus acht verschiedenen Ländern und acht verschiedenen Gemeinschaften sind auf der Mittelmeerinsel unter den Flüchtlingen präsent, in Camps und auf der Straße; sie betreuen Frauen und Kinder, helfen in Suppenküchen und Krankenhäusern, fungieren als Dolmetscherinnen, hören traumatisierten Seelen zu und beten mit denen, die darum bitten. Darüber hinaus knüpfen sie an einem Netzwerk mit der einheimischen Bevölkerung, Behörden und zivilen wie kirchlichen Hilfsorganisationen. „Wir hoffen wirklich, dass andere Schwestern in der Lage sein werden, sich uns anzuschließen“, heißt es in einem Bericht.
Schwester Hildegard Ossege, die seit drei Jahren die Kommunität im Dreifaltigkeitskloster leitet, weiß von einem Vorhaben der Steylerinnen, das im März anlaufen soll. Zunächst drei Schwestern wollen sich in Griechenland um Flüchtlinge kümmern, ihnen nahe ihrer Heimat Halt geben, damit sie die Hoffnung nicht verlieren und in ihr Land zurückkehren, wenn es die Verhältnisse zulassen.
Fluchtursachen bekämpfen – darauf wirken Steyler Ordensfrauen seit jeher auch präventiv hin. Schwester Hildegard hat Ureinwohnern in Argentinien geholfen, durch Bildung, Gesundheitsvorsorge und landwirtschaftliche Projekte ein Lebensumfeld für sich zu gestalten, das Perspektiven bietet; auf dass sie bleiben, statt in die Großstadt zu ziehen und in einem Slum zu landen. Eine solche Binnenflucht gelte es zu verhindern.
Nach der Rückkehr nach Deutschland hat Schwester Hildegard das Programm „Missionar auf Zeit“vorangetrieben. Es ermöglicht jungen Menschen, ein Jahr lang fern der Heimat bei Steylerinnen mitzuarbeiten. „Das ist eine wertvolle Erfahrung und weitet den Blick.“
„Ich wollte Menschen kennen lernen, nicht nur aus Büchern“
Schwester Miriam Fromaget, vor 72 Jahren in der Schweiz geboren, wäre in ihrer Jugend wohl prädestiniert gewesen für dieses Programm. Mit 18 zog es sie weit hinaus – „ich wollte Menschen kennen lernen, nicht nur aus Büchern“. Dabei wurde ihr bewusst, wie groß die Not ist in der Welt; in Zermatt dagegen, wo sie in einem Hotel arbeitete, schmissen viele Gäste mit Geld um sich. 1964 ging sie als Laienhelferin für ein Jahr nach Mexiko – „danach wusste ich, ich will in die Mission“. In Argentinien war sie zur Zeit der Militärdiktatur, und von 1984 bis 1996 als enge Mitarbeiterin der Generaloberin ihres Ordens in Rom.
Anneliese Graf war fast 30 Jahre in Japan eingesetzt. „Dort wurde damals jemand in der Verwaltung gebraucht, und wenn Not am Mann war, wurde man eben geschickt. Dann stand man vor der Wahl, sich durchzubeißen oder aufzugeben.“Die heute 80-jährige Ordensfrau hat sich behauptet. „Blühe, wo du gepflanzt bist“zitiert sie den heiligen Franz von Sales. Und erzählt von drei betagten japanischen Mitschwestern, die bewusst in die von einer Reaktor-Katastrophe heimgesuchte Region Fukushima gezogen sind, um den Menschen dort beizustehen.
„Vergrößere dein Zelt! Spann die Zeltdecken weiter aus!“Mit diesem Isaiah-Wort beginnt die Generaloberin der Steylerinnen, Maria Theresia Hörnemann, ihren Weihnachtsbrief 2016.
Das Bild darauf zeigt ein Flüchtlingslager, und die Oberin dankt allen Schwestern und Brüdern, „die buchstäblich ihre Zelte unter Menschen in Not aufgeschlagen haben“. Die Generalleitung hat 2017 zum „Jahr der Communio mit den Ausgegrenzten und Marginalisierten“ausgerufen.