Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Anis Amri gilt als Berliner Attentäter
Haftbefehl erlassen – Kritik an Zusammenarbeit der Behörden wächst
(dpa) - Die Bundesregierung geht inzwischen mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der Tunesier Anis Amri mit dem Sattelzug in den Weihnachtsmarkt im Zentrum Berlins gerast ist. Es wurde Haftbefehl entlassen, nachdem Amri bereits am Mittwoch zur Fahndung ausgeschrieben worden war.
Die Fingerabdrücke des Terrorverdächtigen wurden am Fahrerhaus des Lkw sichergestellt, wie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag nach einem Besuch des Bundeskriminalamtes (BKA) in Berlin sagte. Es seien auch weitere Hinweise gefunden worden, „dass dieser Tatverdächtige mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich der Täter ist“, fügte de Maizière hinzu.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft auf eine „baldige Festnahme“. Man habe theoretisch „schon seit Langem gewusst, dass wir auch Zielscheibe des islamistischen Terrorismus sind. Die Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer und bei den Verletzten im Krankenhaus. „Und gerade ihnen schulden wir auch die bestmögliche Arbeit“, ergänzte die Kanzlerin. Man habe in Deutschland erhebliche Anstrengungen im Kampf gegen den Terrorismus unternommen. Dabei habe man die „Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf unserer Seite“. Sie sei stolz, wie die Menschen in Deutschland auf den Anschlag reagiert hätten.
Nach dem Anschlag gerät die Kanzlerin in noch mehr unter Druck. FDP-Chef Christian Lindner sprach von „katastrophalen Fehlern“und kritisierte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Es liegt offenbar ein Staatsversagen vor, das nicht toleriert werden kann“, sagte er. Gefährder müssten künftig lückenlos überwacht werden, notfalls mit elektronischen Fußfesseln. CDU-Bundesvize Armin Laschet kritisierte im Deutschlandfunk: „Die Informationen, die wir seit gestern bekommen, die können einen nur erschüttern, wie Behörden hier gearbeitet haben.“
Über Amri, der 2015 von Italien kommend über Freiburg ins Land einreiste, werden unterdessen immer mehr Details bekannt. Medienberichten zufolge war er in Italien und Tunesien bereits zu langen Haftstrafen verurteilt worden.