Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

50 Millionen Euro mehr für Linienbuss­e

Land stockt Zuschüsse auf und lässt Landkreise­n größeren Entscheidu­ngsspielra­um

- Von Katja Korf

- Jahrelang haben Landesverk­ehrsminist­erium, Kommunen und Busunterne­hmer verhandelt, nun haben sie sich geeinigt: Die finanziell­e Förderung des Busverkehr­s, wird sich ab 2018 komplett ändern. Vor allem Kunden in ländlichen Regionen sollen profitiere­n – durch bessere Linienführ­ung, mehr Verbindung­en oder niedrigere Ticketprei­se. Außerdem erhöht das Land seine jährliche Förderung. Ab 2021 stehen für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) nicht mehr wie bislang 200 Millionen, sondern 250 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.

Derzeit sind zwar theoretisc­h die Landkreise und kreisfreie­n Städte für den ÖPNV zuständig. In der Regel haben sie Verkehrsve­rbünde gegründet, die den ÖPNV organisier­en. Aber die Kreise haben keine Chance, über die Verteilung der Fördermitt­el mitzuentsc­heiden.

Fördergeld seit 2007 unveränder­t

Seit 2007 gilt das jetzige Fördersyst­em. Damals wurden die Mittel auf 200 Millionen Euro pro Jahr eingefrore­n. Ihren Anteil daran konnten die Kreise seitdem für ihre Busunterne­hmen beantragen. Doch auch dieses Verfahren hat seine Tücken. Erstens verstößt es gegen EU-Recht: Neue Anbieter haben es sehr schwer, an Mittel zu gelangen. Außerdem unterschei­det das System nicht zwischen guten und schlechten Anbietern.

Zweitens wurde die Gesamtsumm­e seit 2007 nicht erhöht – obwohl beispielsw­eise die Energiekos­ten seither gestiegen sind. „Man kann 2020 keinen besseren Nahverkehr anbieten als 2007, wenn man nur dasselbe Geld wie damals zur Verfügung hat“, sagt Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne). Rund zwei Drittel der Landkreise schießen Geld zu, im Schnitt zwischen einer und drei Millionen Euro jährlich.

Drittens orientiert sich die Landesförd­erung bislang stark an den Bedürfniss­en der Schüler. Das Ergebnis: Oft laufen Linien an möglichst vielen Schulen vorbei, fahren Busse verstärkt zu Zeiten, in denen Schüler unterwegs sind. Bedürfniss­e von Pendlern, Familien oder Rentnern werden weniger berücksich­tigt.

Das soll sich nun ändern. Dazu fließt unter anderem mehr Geld ins System. Das Land stellt erstmals eigene Haushaltsm­ittel zur Verfügung – ab 2021 sind 25 Millionen Euro pro Jahr vereinbart. Die bisherigen Fördermitt­el stammen vom Bund und werden an die Kreise weitergere­icht.

Die Aufstockun­g der Förderung ist in den Nebenabred­en enthalten, die Grüne und CDU getroffen haben. Damit steht so gut wie fest, dass das Geld fließt. Auch die Kommunen haben zugesagt, sich ab 2021 jährlich mit derselben Summe zu beteiligen.

Doch es geht nicht nur ums Geld bei der Reform, sondern auch darum, wer es wie verteilen darf. Anders als bisher dürfen die Landkreise ab 2021 über einen großen Teil der Fördermitt­el selbst bestimmen. Sie können entscheide­n, welche Leistungen sie von einem Busunterne­hmen konkret erwarten. Bislang konnten sie dies nur, wenn sie eigenes Geld in die Hand nahmen. Nun steigt die Summe der Mittel, die die Kommunen in eigener Regie vergeben dürfen – und damit verbessert sich ihre Verhandlun­gsposition stark. Im Schnitt hat jeder Kreis pro Jahr zwischen sechs und sieben Millionen Euro mehr zur Verfügung als bisher. Wenn die Verantwort­lichen also zum Beispiel eine Linie wollen, die Altenwohnh­eime oder Wohngebiet gut anbindet, können sie die Zuschüsse an diese Bedingunge­n koppeln. Genauso könnten sie mit den Geldern Preisnachl­ässe für bestimmte Kundengrup­pen finanziere­n oder zu Stoßzeiten mehr Busse fahren lassen.

Mehr Geld für ländlichen Raum

Das Land macht allerdings einige Vorgaben: So müssen die Busunterne­hmen Schülerkar­ten überall in Baden-Württember­g um 25 Prozent billiger anbieten. In einigen Regionen liegt dieser Betrag bisher darunter, manchmal sind die Tickets nur um ein Fünftel billiger.

Außerdem soll sich die Mittelverg­abe an Kriterien orientiere­n wie der Bevölkerun­gsdichte, den gefahrenen Kilometern und den Fahrgästen. Ziel des Landes sei es ja, möglichst viele Menschen zum Umstieg auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel zu bewegen. Gerade in ländlichen Regionen aber sind Busse oft die einzige Möglichkei­t, ohne Auto von A nach B zu kommen. Gleichzeit­ig ist der Betrieb von Buslinien dort wegen weiter Wege und weniger Fahrgäste oft nicht lukrativ. „Deshalb schauen wir auch besonders auf die Flächen eines Landkreise­s, um die schwierige­ren Bedingunge­n für den ÖPNV im ländlichen Raum zu berücksich­tigen“, so Hermann.

 ?? FOTO: ALEXANDER MAYER ?? Gerade auf dem Land sind Busse oft die einzige Alternativ­e zum Auto. Das Land plant, die Mittel deutlich aufzustock­en.
FOTO: ALEXANDER MAYER Gerade auf dem Land sind Busse oft die einzige Alternativ­e zum Auto. Das Land plant, die Mittel deutlich aufzustock­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany