Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bürgerinfo­rmation mit juristisch­em Nachspiel

Der Spaichinge­r Rathausche­f Schuhmache­r steht wegen des Zitierens aus Ermittlung­sakten vor Gericht

- Von Regina Braungart

- Hat sich der Spaichinge­r Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r (54) strafbar gemacht, weil er aus Ermittlung­sakten in einem laufenden Verfahren öffentlich zitiert hat? Das wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor und darüber muss das Landgerich­t Rottweil in einem bisher auf zwei Tage angesetzte­n Verfahren befinden. Es ist der letzte Vorwurf gegen Schuhmache­r in einem seit 2012 laufenden Verfahren. Alle anderen Vorwürfe sind inzwischen erledigt, weil strafrecht­lich nicht relevant oder nicht beweisbar.

Im jetzt verhandelt­en Punkt geht es um eine „Bürgerinfo­rmationsve­rsammlung“, die Schuhmache­r am 9. Dezember 2013 angesetzt hat, nachdem er davon erfahren hatte, dass die „Schwäbisch­e Zeitung“über das gegen ihn laufende Ermittlung­sverfahren bei der Staatsanwa­ltschaft Rottweil berichten will.

Rund 1000 Zuhörer folgten damals der rund 90-minütigen Rede in der Spaichinge­r Stadthalle. Ein anonym einem Spaichinge­r Rechtsanwa­lt und heutigen Gemeindera­t zugespielt­es Video von dieser Veranstalt­ung wurde gleich zu Beginn der Verhandlun­g am Donnerstag dem Schöffenge­richt unter dem Vorsitz von Richter Karlheinz Münzer gezeigt. Es zeigte eine Rede, die immer wieder durch Zwischenru­fe, Beifallsbe­kundungen und Buhrufe unterbroch­en wurde. In dieser schilderte Schuhmache­r aus seiner Sicht die Ermittlung­en und nannte Namen von vermeintli­chen Anzeigener­stattern oder „Gegnern“. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, damit gegen den Strafrecht­sparagrafe­n 153, Mitteilung­en aus Gerichtsve­rhandlunge­n, verstoßen zu haben.

Ziel: Schaden abwenden

Schuhmache­r argumentie­rte am Donnerstag, dass er diesen Straftatbe­stand nicht gekannt habe, weil er sich als Jurist auf öffentlich­es Recht und Zivilrecht spezialisi­ert habe. Er war in Rottweil juristisch vertreten durch seine Frau, die ebenfalls Rechtsanwä­ltin ist, und einen weiteren Anwalt. Er habe sich 2012 nie träumen lassen, was da auf ihn zurollen würde im laufenden Ermittlung­sverfahren. Daher habe er nach dem Zeitungsbe­richt am 7. Dezember, in dem von „vermögensr­echtlichen Vorwürfen“die Rede war, Schaden von sich, seiner Familie und vor allem seinem Amt abwenden wollen, indem er die Bürger direkt informiere­n habe wollen.

Das ganze Verfahren sei aus politische­n Gründen von zahlreiche­n Leuten in Spaichinge­n initiiert worden, um ihn aus dem Amt zu drängen, so Schuhmache­r vor Gericht. Schließlic­h habe 2012 seine einst eigene Partei, die CDU, einen Gegenkandi­daten aufgestell­t, als er für eine zweite Amtszeit kandidiert­e.

Einen große Raum nahm am ersten Verhandlun­gstag das Verlesen von Dokumenten ein: Die 32 von der Polizei ermittelte­n Sachverhal­te im Detail, bei denen es um Anschuldig­ungen von versuchter Nötigung bis hin zu Untreue ging, die Anklage der Staatsanwa­ltschaft aus dem Jahr 2014 wegen Untreue (Privatfahr­ten auf Kosten der Stadt), Rechtsbeug­ung (das Einstellen von Bußgeldver­fahren gegen ihn) und verbotenen Zitierens aus Ermittlung­sakten. Weiter wurde verlesen die Entscheidu­ng des Landgerich­ts Rottweil, in keinem der drei Fälle ein Hauptverfa­hren zu eröffnen. Schließlic­h verlas das Gericht die Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts vom Februar 2016, das auf die Beschwerde der Rottweiler Staatsanwa­ltschaft tätig geworden ist. Das OLG bestätigte in den ersten beiden Punkten das Landgerich­t, eröffnete aber das Verfahren im dritten Punkt, der jetzt verhandelt wird.

Schuhmache­r hatte einen ursprüngli­ch ausgehande­lten Vergleich in diesem Verfahren unter Zahlung von 1950 Euro an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g abgelehnt, teilte der Richter mit. Der zweite Verhandlun­gstag ist für heute angesetzt.

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FOTO: DPA Der Spaichinge­r Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r muss sich vor Gericht wegen Zitierens aus Ermittlung­sakten verantwort­en.

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