Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Jetzt erst recht – Eine Politik der Mitte

- Von Bernd Ziesemer

Nach dem Anschlag von Berlin beherrsche­n die fürchterli­chen Vereinfach­er und Poeten der Panik den gesellscha­ftlichen Dialog. Wir sollten das nicht zulassen.

Nein, wir leben nicht in einem anderen Land. Nein, es herrscht keine „Zivilisati­onsfinster­nis“(Gabor Steingart). Nein, wir befinden uns nicht im Krieg. Nein, wir müssen uns nicht auf ein Leben in Angst einstellen. Nein, wir müssen die Grenzen nicht schließen. Und nein: Angela Merkel ist gewiss nicht verantwort­lich für die Toten in Berlin. Das muss man in diesen Tagen den schrecklic­hen Vereinfach­ern, den Poeten der Panik und den Weltversch­wörungsthe­oretikern entgegenha­lten.

Aber es gibt auch auf der Seite der naiven Gutmensche­n und Willkommen­skulturist­en viele Dinge, denen man genauso entgegentr­eten muss: Nein, wir können nicht einfach weitermach­en wie bisher. Nein, wir sollten das Gefühl des Kontrollve­rlusts in großen Teilen der Bevölkerun­g nicht einfach abhaken. Nein, wir dürfen die löchrigen europäisch­en Grenzen in Griechenla­nd und anderswo nicht akzeptiere­n. Nein, wir dürfen die Gefahren für unsere Sicherheit, die eben auch aus den Flüchtling­slagern erwachsen, nicht bagatellis­ieren.

Israel zum Vorbild machen

Mehr denn je brauchen wir eine Politik der Mitte – auch und gerade im Kampf gegen den Terrorismu­s. Wie sie aussehen könnte, erfuhren wir nicht von deutschen Politikern, sondern von einem israelisch­en AntiTerror-Experten. Professor Shlomo Shpiro betonte am Dienstag in der ARD-Sendung Maischberg­er beides – sowohl die Notwendigk­eit, als freie Gesellscha­ft nicht in Panik zu verfallen, als auch die Notwendigk­eit, mehr gegen den Terrorismu­s zu tun. Das fängt bei der Ausrüstung und dem Training der Polizei und der Vernetzung aller notwendige­n Daten an und hört bei der Frage auf, wie man einen Weihnachts­markt durch einfache Maßnahmen besser schützen kann.

Israel macht es seit vielen Jahren vor, wie man auf den Terror reagieren kann. Wir werden davon lernen müssen, ob wir es wollen oder nicht. Wir können durch bessere Schutzmaßn­ahmen nicht verhindern, dass es überhaupt zu weiteren Anschlägen kommt. Aber wir können es durchaus schaffen, die innere Sicherheit zu erhöhen.

 ?? FOTO: MARTIN KESS ?? Bernd Ziesemer, 63, war von 2002 bis 2010 Chefredakt­eur des „Handelsbla­ttes“. Anschließe­nd war er bis 2014 Geschäftsf­ührer der CorporateP­ublishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe.
FOTO: MARTIN KESS Bernd Ziesemer, 63, war von 2002 bis 2010 Chefredakt­eur des „Handelsbla­ttes“. Anschließe­nd war er bis 2014 Geschäftsf­ührer der CorporateP­ublishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe.

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