Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
In Afrika zählt chinesischer Pragmatismus
m Oktober weihte Äthiopien eine Eisenbahnstrecke zwischen der Hauptstadt Addis Abeba und Dschibuti ein. Der Zug braucht für die 750 Kilometer lange Strecke nur zehn Stunden. Gebaut haben die Linie die Chinesen. Auch in Kenia entsteht eine neue Zugverbindung zwischen Nairobi und Mombasa am Meer. Die Bauherren: Chinesen.
Das chinesische Medienunternehmen StarTimes versorgt entlegene Gegenden Afrikas mit digitalem Fernsehen, eine Stahlfirma aus der Mongolei verkauft Pumpstangen in den Sudan, in China hergestellte Küchengeräte finden über eine Messe in Benin ihren Weg in afrikanische Haushalte, in Krisenzeiten verschifft Peking 10 000 Tonnen Reis nach Mosambik und engagiert sich im Kampf gegen die Wilderei in Namibia.
Die Chinesen haben sich zu einem wichtigen Partner für Afrika entwickelt. Speziell beim Ausbau der oftmals kaum vorhandenen Infrastruktur wie Straßen, Eisenbahnlinien, Telekommunikation und Stromversorgung, eine der zentralen Herausforderungen des Kontinents, spielt Peking inzwischen eine große Rolle. Laut einem Report des Washingtoner Brookings-Instituts war China zwischen 2009 und 2012 der größte Einzelgeldgeber für Infrastrukturmaßnahmen südlich der Sahara.
Da China keine offiziellen Daten über seine Entwicklungshilfe bereitstellt, gibt es keine genauen Zahlen, sondern nur Schätzungen. Axel Dreher, Professor für Entwicklungspolitik an der Universität Heidelberg, beziffert die Summe, die die Chinesen jedes Jahr an afrikanische Länder überweisen, auf 8,4 Milliarden USDollar. Mehr als ein Viertel davon ist klassische Entwicklungshilfe, die konkret der Verbesserung der Lebensbedingungen dient.
Wichtiger Absatzmarkt
Auch beim Handel bestehen enge Verbindungen: China ist für Afrika einer der wichtigsten Absatzmärkte. In manchen Ländern ist die Abhängigkeit groß: Eritrea, Kongo, Angola und der Sudan etwa exportieren 50 Prozent ihrer Waren nach China. Umgekehrt stellt der afrikanische Kontinent für die Chinesen einen riesigen Absatzmarkt dar.
Europa und die USA beobachten Chinas Engagement mit Skepsis. Sie werfen Peking vor, aus purem Eigeninteresse zu handeln. „China verhält sich ähnlich wie andere Länder auch“, sagt dagegen Dreher. Länder, auch westliche, geben Entwicklungshilfe, um strategische Ziele zu verfolgen und um Abstimmungen in internationalen Gremien zu beeinflussen.
Als problematisch empfinden Beobachter, dass die Chinesen anders als westliche Geldgeber keine Bedingungen oder Auflagen etwa im Umweltschutz an die Vergabe der Gelder koppeln. Peking verfolgt die allgemeine Strategie, sich nicht in innere Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.
Der Vorwurf, chinesische Firmen beschäftigten keine Afrikaner, stimmt demgegenüber offenbar nicht. Zwar sind bei allen Projekten immer auch chinesische Arbeiter beteiligt, die mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung dafür sorgen, dass die Straßen und Krankenhäuser schnell gebaut werden. Aber auch der lokale Arbeitsmarkt profitiert. (KNA)