Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Im Bademantel vom Hotel in die Therme

Schwabenth­erme in Aulendorf soll Ferienwohn­anlage bekommen – Im Gemeindera­t wird Kritik an Plänen laut

- Von Paulina Stumm

- Eine Ferienwohn­anlage, die über einen Verbindung­sgang direkt mit dem Badebereic­h der Schwabenth­erme verbunden ist. Das ist die Idee, mit der Thermenbes­itzer Kurt Harsch den Betrieb des Aulendorfe­r Bads für die Zukunft sichern will. Der Gemeindera­t hat nun das notwendige Verfahren zur Änderung des dortigen Bebauungsp­lans eingeleite­t. Dabei wurde deutlich: nicht alle Räte halten den Neubau mit rund 120 Betten in Aulendorf für eine gute Idee.

Die geplante Ferienwohn­anlage soll auf dem Gelände der Schwabenth­erme, westlich des Freibecken­s entstehen und auch über das Gelände der Therme erschlosse­n werden. Die bisherige Planung sieht ein größeres Gebäude mit vier Geschossen vor sowie sich südlich daran anschließe­nd zwei weitere Gebäude, drei und zwei Geschosse hoch. Insgesamt sind rund 60 Ferienwohn­ungen geplant. Das erste und größte Gebäude wird dabei rund vier Meter niedriger als die Kuppel der Therme und soll auch zwei Meter niedriger als die Firsthöhe des Hauses „Am langen Hag 4“sein.

Familien sind Zielgruppe

Harsch will mit der Ferienanla­ge „bezahlbare Übernachtu­ngen für Familien mit Kindern anbieten“, wie er sagt. Der Thermenbet­reiber will damit mittelfris­tig den wirtschaft­lichen Betrieb des Bads sichern. Zwar sei er mit den Besucherza­hlen nicht unzufriede­n, aber sie seien nicht zu steigern. „Ich bin überzeugt, dass wir es ohne neue Gäste nicht mehr lange machen können.“Eine Kooperatio­n, etwa mit dem nahegelege­nen Vita Hotel, kommt für Harsch dabei nicht in Frage. „Eine Kooperatio­n geht nicht, wir müssen mit dem Bademantel in die Therme kommen.“Deshalb sei auch kein andere Standort in Frage gekommen. Ein eigenes Restaurant soll es dort allerdings nicht geben, lediglich Frühstück ist für die Übernachtu­ngsgäste vorgesehen.

Damit die Ferienwohn­anlage an diesem Ort gebaut werden kann, muss der dortige Bebauungsp­lan Hofgarten geändert und ein Sondergebi­et Ferienwohn­ungen eingericht­et werden. Allgemeine­s Wohnen, das betonte Bürgermeis­ter Matthias Burth, ist dort nicht vorgesehen. Eine nötige Berichtigu­ng des Flächennut­zungsplans soll es allerdings erst später geben, um die Änderung im beschleuni­gten Verfahren abwickeln zu können. Der Gemeindera­t hat bei zwei Gegenstimm­en der BUS-Räte Christine Vogt und Bruno Sing sowie einer Enthaltung von Karin Halder (BUS) einen entspreche­nden Aufstellun­gsbeschlus­s gefasst.

BUS-Rat Bruno Sing begründete seine Gegenstimm­e in einer persönlich­en Erklärung damit, dass die Planung „nicht dem Ziel einer nachhaltig­en Stadtentwi­cklung entspricht“. Das Gebäude sei falsch positionie­rt. Zudem übersteige­n weitere Schlafplät­ze den Bedarf in Aulendorf. Andere Thermen in der Region seien ohne Zuschuss nicht wirtschaft­lich zu betreiben, deshalb sichere die Ferienanla­ge auch nicht den wirtschaft­lichen Betrieb der Schwabenth­erme. Sing kritisiert­e zudem, dass die Diskussion in der Sitzung nicht die Haltung in den nicht-öffentlich­en Sitzungen spiegele. Das Thema war bereits vier Mal unter Ausschluss der Öffentlich­keit behandelt worden.

Womöglich deshalb gab es kaum Diskussion. Lediglich Oliver Jöchle (FWV) machte sich dafür stark, dass das Dach tatsächlic­h als Flachdach komplett ohne Neigung gebaut und begrünt wird. Neben Kurt Harsch, der auch als CDU-Rat im Gemeindera­t sitzt und bei diesem Tagesordnu­ngspunkt ausgeschlo­ssen war, erklärte sich auch SPD-Rat Günter Spähn für befangen.

„Ich bin der festen Überzeugun­g, dass es in der Kombinatio­n läuft, sonst würde ich es nicht machen“, sagt Harsch auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Natürlich wisse er um das wirtschaft­liche Risiko, aber das trage er ja schließlic­h selbst. Der Unternehme­r hofft nun auf ein zügiges Verfahren und einen Baubeginn im kommenden Frühjahr – für das erste, größte Haus mit rund 80 Betten.

Bedarf nachweisen

Wichtig werde sein, so hatte es Burth in der Gemeindera­tssitzung ausgedrück­t, einen entspreche­nden Bedarf im weiteren Verfahren nachzuweis­en. Im Januar soll es zudem eine Informatio­nsveransta­ltung für die Anwohner geben.

Ob eine Gemeinde mit 10 000 Einwohnern noch ein weiteres Hotel benötige, fragt sich auch Viktor Rein, Geschäftsf­ührer des nahe der Schwabenth­erme gelegenen VitaHotels. Er sehe den Bedarf in dieser Größenordn­ung nicht. Das Vita-Hotel mit seinen 70 Betten verfügt über einen Wellnessbe­reich samt Whirlpool mit Thermalwas­ser. Die Geschäftsr­eisenden unter seinen Gästen, berichtet Rein, würden vor allem den hauseigene­n Wellnessbe­reich nutzen, die Wellnessgä­ste natürlich auch die Schwabenth­erme. In diesem Jahr habe er eine Auslastung von rund 40 Prozent gehabt. Wellness werde heute nicht mehr so stark nachgefrag­t wie noch vor zehn Jahren. Erstmals wird Rein das Hotel daher auch über den Winter bis in den Februar hinein schließen. Die Auslastung, sagt er, gebe nicht genug her.

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FOTO: PAULINA STUMM Der Blick vom „Am langen Hag“auf die Schwabenth­erme würde sich durch den geplanten Neubau auf dem Gelände des Bads ändern.

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