Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Sie sind schneller als der Notarzt
„Helfer vor Ort“des DRK überbrücken die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungsdienst und Notarzt
(gem) - Bei einem Verkehrsunfall oder einem medizinischen Notfall zu Hause geht es manchmal um jede Minute. Um die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungsdienst und Notarzt zu überbrücken, gibt es verteilt über das gesamte Gebiet des Landkreises Biberach seit 15 Jahren die „Helfer vor Ort“des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
Wolfram Ott aus Stafflangen und Martin Schniertshauer aus Reinstetten sind zwei der rund 150 Helfer vor Ort, die das DRK im Kreis Biberach hat. Beide sind von Beruf Rettungsassistent und seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Helferprogramm mit dabei. Neben den „Profis“wie Ott und Schniertshauer wird der Großteil der Helfer vor Ort von Ehrenamtlichen aus den DRK-Bereitschaften in den Kreisgemeinden gestellt, sagt DRKKreisgeschäftsführer Michael Mutschler.
Der Ansatz für die „Helfer vor Ort“stammt aus den USA. „Dort gibt es seit rund 25 Jahren die sogenannten First Responder“, sagt Mutschler. „Sie eilen zum Einsatzort und leisten Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdiensts, der in vielen Teilen der USA einen längeren Anfahrtsweg hat.“
Im Kleinen lässt sich dieses Prinzip auf den Flächenlandkreis Biberach übertragen. „Sobald bei uns in der Leitstelle ein Blaulichteinsatz für Rettungsdienst und Notarzt ansteht, werden automatisch die Helfer vor Ort alarmiert, die im nahen Umkreis der Einsatzstelle wohnen“, sagt Mutschler. Diese fahren dann mit ihrem Privatauto los oder können im Idealfall zu Fuß zum Einsatz in ihre Nachbarschaft eilen.
Kürzeres therapiefreies Intervall
Ziel ist es, das sogenannte therapiefreie Intervall so kurz wie möglich zu halten. Dabei ist es egal, ob es um einen Schlaganfall, einen Sturz zu Hause, einen Arbeitsunfall oder um eine stark blutende Schnittverletzung geht. So können die „Helfer vor Ort“beispielsweise bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand bereits lebensrettende Maßnahmen ergreifen, noch bevor der Rettungsdienst eintrifft. Das können andere Ersthelfer oder Familienangehörige natürlich auch. „Oft tun sie sich aber schwer damit, bestimmte Situationen richtig einzuschätzen“, sagt Mutschler. „Unsere Helfer vor Ort verfügen alle über eine gute Ausbildung und sind außerdem in der Lage, bei der Leitstelle die adäquaten Rettungsmittel anzufordern und eine fundierte Meldung an den Rettungsdienst oder den Notarzt abzugeben, wenn dieser am Einsatzort eintrifft“, sagt Mutschler. Wenn Unterstützung gebraucht wird, helfen sie auch danach noch weiter mit.
Ein entscheidender Vorteil, den die „Helfer vor Ort“gegenüber anderen Ersthelfern haben, ist ihre Ausstattung. Die geht weit über das hinaus, was sich in der Hausapotheke oder im Verbandskasten im Auto befindet. Neben Beatmungsbeutel oder Blutdruckmessgerät haben die „Helfer vor Ort“diverses Verbandsmaterial dabei, einige außerdem auch Blutzuckermessgerät, Infusionen und sogar einen Defibrillator. „Diese Ausstattung wird nicht über öffentliche Gelder finanziert“, sagt Mutschler. „Das müssen die DRK-Bereitschaften zum Teil über Spenden selbst erwirtschaften. Manche Helfer kaufen die Ausstattung sogar auf eigene Rechnung.“
9000 Notfallereignisse im Jahr
Bei rund 9000 Notfallereignissen, die es pro Jahr im Landkreis gibt, kann jeder in die Situation kommen, dass er von der Schnelligkeit und dem professionellen Wissen und der Ausrüstung der „Helfer vor Ort“profitiert. „Nicht bei jedem Einsatz geht es um Sekunden oder Minuten, aber in einigen Fällen hat es echt geholfen, dass wir richtig schnell vor Ort waren“, sagt Wolfram Ott.