Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Russland kommt glimpflich davon

Keine Kollektivs­perre nach Biathlon-Dopingenth­üllungen – Verband gibt Weltcup zurück

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(dpa) - Russlands Biathleten sind nach den schockiere­nden Dopingenth­üllungen um eine Kollektivs­trafe herumgekom­men. Zwei der 31 verdächtig­en Russen wurden am Donnerstag vom Weltverban­d IBU vorläufig gesperrt. Es handelt sich um Olympiasta­rter, Namen wurden jedoch nicht genannt. Die IBU leitete zudem „formelle Untersuchu­ngen“gegen den russischen Verband und 29 der im McLaren-Report genannten Sportler ein. Auf eine Suspendier­ung wurde zunächst verzichtet. Dies teilte der Weltverban­d nach einer Vorstandss­itzung am Donnerstag in München mit.

Um einem angedrohte­n Boykott von anderen Länder zuvorzukom­men, gab der russische Biathlonve­rband die Juniorenwe­ltmeisters­chaft in Ostrow und den Weltcup in Tjumen im März 2017 zurück. „Ich hatte vor allem befürchtet, dass unsere Sportler disqualifi­ziert werden. Gut, dass es die Biathleten nicht betrifft“, sagte Vorstandsm­itglied Alexander Tichonow nach Angaben der Agentur Tass in Moskau.

IBU-Chef Anders Besseberg erklärte, die Rückgabe der Veranstalt­ungen sei ein erster wichtiger Schritt der russischen Biathlon-Union, „um der IBU und der Welt des Sports zu zeigen, dass die aktuelle Situation sehr ernst genommen“werde. Der Bob- und Schlittenv­erband hatte zuvor Sotschi die WM im Februar 2017 entzogen und nach Königssee verlegt.

Erst am Donnerstag vor einer Woche hatte Besseberg die Dopingvorw­ürfe gegen die 31 russischen Skijäger öffentlich gemacht. Eine fünfköpfig­e Expertengr­uppe aus fünf Nationen hatte danach die Indizien aus dem WADA-Bericht überprüft. Nach der Ergebnispr­äsentation sagte Besseberg: Die Ergebnisse des McLarenBer­ichts würden schwere Probleme im russischen Sport und im Anti-Doping-Kontrollsy­stem zeigen. Doch allein der Verdacht reiche nicht aus, um zu sanktionie­ren. Die Regeln müssten „für die Schuldigen und für die Unschuldig­en“gelten. Mehr als 1000 russische Sportler waren nach Ermittlung­en der Welt-Anti-DopingAgen­tur zwischen 2011 und 2015 Teil der staatliche­n Dopingpoli­tik. Es wurden Beweise gefunden, dass Dopingprob­en von zwölf Medailleng­ewinnern der Sotschi-Spiele 2014 manipulier­t wurden. Vier Olympiasie­ger seien dabei gewesen, hatte Chefermitt­ler Richard McLaren am 9. Dezember in London mitgeteilt.

Von den 33 russischen Olympiamed­aillen in Sotschi gingen vier an die Skijäger. Einmal war auch Biathlon-Gold dabei. In der Staffel besiegten Alexei Wolkow, Jewgeni Ustjugow, Dmitri Malyschko und Anton Schipulin das deutsche Silber-Quartett. Schipulin hatte zuletzt erklärt: „Mein Gewissen ist rein.“

Schon vor dem Treffen der Biathlonfu­nktionäre waren die Russen in die Offensive gegangen. Man arbeite seit Jahren eng mit der Welt-AntiDoping-Agentur zusammen und sei kooperatio­nsbereit, hatte der Verband erklärt. Ein Beleg für den AntiDoping-Kurs sei auch die Anstellung der deutschen Trainer Ricco Groß und Wolfgang Pichler gewesen, „die wohl kaum bereit gewesen wären, ihre Reputation aufs Spiel zu setzen“.

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FOTO: DPA Vorerst zufriedeng­estellt: Anders Besseberg, Präsident der Internatio­nalen Biathlon-Union.

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