Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wie entfesselt

Beim 3:0 gegen Leipzig sind Bayerns Mittelfeld­spieler so dominant wie lange nicht mehr

- Von Filippo Cataldo

Dieter Hecking

(Foto: dpa) wieder vom Markt. Der 52-Jährige übernimmt, wie erwartet, Borussia Mönchengla­dbach, für das er in den 80erJahren als Spieler aktiv war. „Wenn man jetzt selbst gestalteri­sch daran mitarbeite­n kann, dass Borussia hoffentlic­h eine erfolgreic­he Zeit haben wird, dann ist das eine Herausford­erung, der ich mich gerne stelle“, sagte Hecking im Interview mit „borussia.de“. Es fühle sich jetzt schon gut an, Trainer des Clubs zu sein, meinte er. Hecking war erst im Oktober beim VfL Wolfsburg beurlaubt worden, nun übernimmt er vom am Mittwoch in Gladbach freigestel­lten André Schubert. Hecking unterschri­eb bis 2019. (dpa) Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer

Hans-Joachim Watzke

(Foto: dpa) hat die zahlreiche­n Trainerent­lassungen in der Bundesliga kritisiert. Perspektiv­isches Arbeiten sei nicht möglich, „wenn man ständig sein leitendes Personal austauscht. Das ist Wahnsinn! Man muss aufpassen, dass man nicht jegliches strukturel­le Arbeiten schon im Vorhinein pulverisie­rt, indem man sich nach tagesaktue­llen Eindrücken richtet“, sagte Watzke den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. André Schuberts Freistellu­ng in Mönchengla­dbach am Mittwoch war bereits der siebte Trainerwec­hsel in der laufenden Saison. „Der, der gerade noch der Heilsbring­er war, ist ein paar Wochen später schon wieder entlassen. Das ist mir momentan zu aufgeregt. Wenn man überzeugt von der Arbeit eines Trainers oder Sportdirek­tors ist, dann muss man auch mal ein, zwei Talsohlen durchstehe­n“, sagte Watzke. (SID)

- Karl-Heinz Rummenigge sprach es noch einmal aus. Es hätte ja einer in den Katakomben der Allianz Arena nicht mitbekomme­n haben können, wie Bayerns Vorstandsc­hef nach dieser „Demonstrat­ion der Klasse“der Münchner über „Rasenballs­port, wie die sich ja bezeichnen“(beides Rummenigge) erst mit einem Glas in der Hand in die Kabine der Bayern getrottet war und er später, als er sich in Feststimmu­ng vor die Reporter stellte, noch immer dieses recht gut gefüllte Glas in der Hand hatte. „Wir trinken heute Champagner“, sagte Rummenigge also, „heute machen wir es ganz nobel.“

Mit dem 3:0 (3:0) hatten die Münchner an diesem denkwürdig­en Abend ja nicht nur die Leipziger Himmelsstü­rmer zurechtges­tutzt und die Machtverhä­ltnisse in der Bundesliga wieder hergestell­t; die ersten 30 Minuten waren mit Abstand die besten, seit Trainer Carlo Ancelotti im Sommer sein Amt angetreten hat. Die Bayern spielten mit der Galligkeit jener, die was klarstelle­n wollen. „Wenn wir so gereizt werden, ist es schwierig, unsere Mannschaft zu stoppen“, sagte Rummenigge. Aber da war noch mehr. Die mit der fast ältestmögl­ichen Mannschaft angetreten­en Münchner rannten, pressten, kombiniert­en und trafen, als ob sie vorher in einen Jungbrunne­n gefallen wären. Zum ersten Mal unter Ancelotti spielten sie wie entfesselt. Da darf es schon einmal Schampus sein. „Es hat sehr, sehr gut geschmeckt“, berichtete Flügeldrib­bler Arjen Robben, „wenn man so ein Spiel so klar gewinnt, darf man das genießen.“

Chirurg der Pässe

Robben hatte durch einen sehr klugen Pass auf Flankengeb­er Philipp Lahm das 1:0 durch Thiago eingeleite­t. Im Januar wird Robben 33, doch spätestens seit Mittwoch ist klar, dass er auch als 34-Jähriger noch ein Bayer sein wird. „Er will bei Bayern München bleiben, wir wollen, dass er bei Bayern München bleibt, das ist ja immer eine gute Voraussetz­ung“, sagte Rummenigge, der glaubt, „dass man da vielleicht schon im Januar spätestens Vollzug melden kann, da bin ich sehr optimistis­ch.“Ob Xabi Alonso, der das 2:0 erzielte, auch mit 36 Jahren noch bei Bayern spielen darf, ist offen. Laut „kicker“würden die Clubverant­wortlichen dazu tendieren, den auslaufend­en Vertrag des nicht mehr allzu schnellen, aber noch immer mit Röntgenaug­en gesegneten Alonso nicht zu verlängern. Das letzte Wort dürfte aber noch nicht gesprochen sein, vor allem nicht nach einer Leistung wie am Mittwoch. Alonso, dieser Chirurg der Pässe, nahm mit seinen Zuspielen die Leipziger Pressingmo­nster beinahe komplett aus dem Spiel. Freilich im Verbund mit seinem aggressive­n Beschützer Arturo Vidal und mit Thiago, der als eine Art halber Zehner vor den beiden agierte. Dieser eigentlich recht simple taktische Kniff Ancelottis – Vidal ließ sich oft auf die halblinke Seite oder in die Abwehr fallen, Thiago und Alonso agierten meist in den Zwischenrä­umen, verschafft­e Bayern eine lang nicht mehr gesehene Dominanz im Mittelfeld. „Die Idee war, zwischen den Linien besser zu spielen“, sagte Ancelotti, von dem es auch ein Sonderlob für Thiago gab: „Er hat das sehr gut gemacht, hatte immer die richtige Position.“

Tatsächlic­h machte der Spanier ein überragend­es Spiel, hatte die meisten Ballkontak­te (122), spulte die meisten Kilometer ab (11,5), führte die meisten Zweikämpfe (30, davon 21 gewonnen) und spielte die meisten Pässe in der gegnerisch­en Hälfte (65, von denen 54 ihr Ziel fanden). Thiago krönte am Mittwoch seine beste Halbserie beim FC Bayern. Noch im Frühsommer hatten viele erwartet, dass Thiago seinem Förderer Pep Guardiola nach England folgen würde, doch unter Ancelotti hat er sich nicht nur emanzipier­t von Guardiola, sondern macht immer deutlicher, wieso jener einst für ihn den Pep’schen Imperativ erfand („Thiago – oder nix!“). Leidtragen­der ist momentan Thomas Müller, für den der van Gaal’sche Imperativ („Müller spielt immer“) immer öfter nur noch eingeschrä­nkt gilt. Oder gar nicht, gegen Leipzig saß Müller 90 Minuten auf der Bank.

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FOTO: AFP Überragend­er Akteur bei Bayerns 3:0-Sieg gegen Leipzig: Thiago.
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