Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Israel verärgert über UN
Vereinte Nationen verlangen vollständigen Siedlungsstopp
(dpa) - Israel hat mit großer Empörung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gegen seine Siedlungspolitik reagiert und eine Reihe diplomatischer Gegenmaßnahmen eingeleitet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte mehrere Treffen mit Staatschefs von Ländern ab, die für den Beschluss gestimmt hatten.
Botschafter von 14 Ländern wurden außerdem zu einer Rüge ins Außenministerium in Jerusalem einbestellt. Den US-Botschafter Dan Shapiro tadelte Netanjahu selbst. Israel will nach der Resolution seine Beziehungen zu den Vereinten Nationen auf den Prüfstand stellen.
Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten aufgefordert. Siedlungen wurden als Verstoß gegen internationales Recht und großes Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet.
(dpa) Ausgerechnet am ersten Weihnachtstag hätten sich die Chefdiplomaten von 14 Ländern wohl etwas Schöneres vorstellen können als eine Strafpredigt in Israels Außenministerium. Einer nach dem anderen kam zu einem „klärenden Gespräch“in das sandsteinfarbene Gebäude in Jerusalem, das von außen einer modernen Festung gleicht. Eine diplomatische Standpauke musste auch USBotschafter Dan Shapiro über sich ergehen lassen, den Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sogar persönlich einbestellte.
Netanjahu ist empört über eine Resolution des Weltsicherheitsrates gegen Israels Siedlungspolitik. Er reagierte mit einem wütenden Rundumschlag gegen alle beteiligten Staaten – selbst gegen den wichtigsten Verbündeten, die USA. „Freunde zerren Freunde nicht vor den Sicherheitsrat“, sagte er seinen Ministern.
Denn weniger als einen Monat vor dem Ende seiner Amtszeit hatte US-Präsident Barack Obama noch für eine Überraschung gesorgt. Im UN-Sicherheitsrat verzichteten die USA am Freitag in einer Abstimmung zu den israelischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Westjordanland und in Ost-Jerusalem auf ihr Vetorecht. Die Resolution fordert Israel auf, dort alle Bauaktivitäten zu stoppen.
Diplomatisches Desaster
Die Resolution enthält keine Androhung von Strafmaßnahmen, auch die Forderungen sind nicht neu. Sie bekräftigten seit Jahrzehnten bekannte Positionen der internationalen Gemeinschaft. Aber auch wenn sie für Israel nicht bindend ist, ist die Resolution diplomatisch ein Desaster. Israel befürchtet unter anderem, die Resolution könnte den Weg bereiten für Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof, weil Siedlungen als Kriegsverbrechen eingestuft werden könnten.
Die Regierung in Jerusalem stellt sich jetzt auch auf weiteren Ärger während der letzten Amtstage von Obama ein. US-Außenminister John Kerry will diese Woche in einer Grundsatzrede den Rahmen für eine Friedensregelung in Nahost vorgeben. Am 15. Januar ist außerdem nach Medienberichten eine internationale Konferenz in Paris geplant, die neue Impulse für eine friedliche Lösung in Nahost geben soll.
Obama schafft in letzter Minute noch Fakten und legt seinem Nachfolger Donald Trump damit Steine in den Weg – von wegen „lahme Ente“auf den letzten Metern. Trump ergriff per Twitter Partei für Israel, forderte ein Veto gegen die Resolution, suchte sie angeblich persönlich zu verhindern.
Es war das erste Mal seit acht Jahren, dass sich der Sicherheitsrat zu einer Erklärung in dem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt durchrang. Seit Israel im Sechstagekrieg 1967 das Westjordanland erobert und mit dem Siedlungsbau begonnen hat, verurteilt die internationale Staatengemeinschaft diese Bauten. Zuletzt spitzte sich die Lage jedoch zu, weil Netanjahus rechts-religiöse Regierung sich mehr oder weniger offen von der Zwei-Staaten-Lösung – also einen Staat für Israel und einen für die Palästinenser – verabschiedet hat.
Besonders provokativ wirkten wohl auch Schritte ultra-rechter Minister, die sich für ein Gesetz zur Legalisierung wilder, von der Regierung nicht genehmigter Siedlungen einsetzen, die auf palästinensischem Privatland errichtet wurden.
Der US-Präsident setzte mit dem Veto einen Schlusspunkt unter acht angespannte Jahre. Obama und Netanjahu konnten sich nie besonders gut leiden, sie haben daraus kaum einen Hehl gemacht. Doch die persönlichen Angriffe auf Obama, dem Netanjahu vorwarf, hinter den Kulissen alles inszeniert zu haben, seien „etwas in dieser Form nie Dagewesenes“, sagte der frühere US-Botschafter Dan Kurtzer dem israelischen Armeesender. „Ein Verbündeter sollte nicht so eine Sprache gegen einen anderen Verbündeten verwenden, egal, wie wütend jemand ist.“Zwischen Obama und Netanjahu habe es Streitpunkte gegeben, „ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass sie sich nicht mögen“, sagte Kurtzer.
Nun ruhen Israels Hoffnungen auf Trump. Der hat mit David Friedman einen US-Botschafter ernannt, der ausdrücklich hinter der Siedlungspolitik steht. Außerdem will Trump die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen – ein Affront in den Augen der Palästinenser und vieler arabischer Staaten.