Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kuba fürchtet neue Eiszeit
Raúl Castro muss nach der Wahl von Donald Trump in den USA gute Miene zum bösen Spiel machen
- Es ist gut zwei Jahre her, da überraschten Barack Obama und Raúl Castro die Welt kurz vor Weihnachten mit einer historischen Ankündigung. Ab sofort sollte die lange Eiszeit in der Karibik enden. Mehr als ein halbes Jahrhundert Anfeindungen und Animositäten zwischen den USA und Kuba seien genug, befanden beide Präsidenten.
Seit jenem 17. Dezember 2014 machten vor allem die Vereinigten Staaten große Schritte auf Kuba zu. Höhepunkt war Obamas Besuch in Havanna im Frühjahr. Aber nun ist plötzlich die zarte Freundschaftsbande in Gefahr. Donald Trump, der ab dem 20. Januar im Weißen Haus sitzt, wird die Annäherung an die letzte kommunistische Karibikinsel im kapitalistischen Meer sicher nicht vorantreiben. Dreht er sie gar zurück? Oder lässt er einfach geschehen, was bisher vereinbart wurde?
Die Experten sind sich uneins, vor allem weil der künftige US-Präsident so unberechenbar ist. Als Unternehmer habe er Ende der Neunziger selbst versucht, das Embargo gegen die Insel zu umgehen, sagt der kubanische Historiker Rafael Rojas. Trump wollte in den Hotel- und Casinosektor investieren. Der Politiker Trump hat in den Monaten des Wahlkampfes seine Meinung über Kuba mehrfach geändert. Zu Beginn stützte er noch die Annäherung Obamas, wollte aber für die USA einen „besseren Deal“rausholen. Später dann versprach er den erzkonservativen US-Kubanern in Miami, die Annäherung komplett zurückzunehmen.
Aus den ersten Nominierungen Trumps lässt sich wenig ablesen, wie es mit Kuba weitergehen könnte. Der designierte Außenamtschef Rex Tillerson hat sich nicht zur Castro-Regierung geäußert. Klar sind zwei Dinge. Die meisten Erleichterungen, die Obama im Verhältnis zu Kuba bewirkt hat, kann Trump wieder kassieren, da sie per Präsidentenvollmacht verordnet wurden und keine Gesetzeskraft haben. So hat Obama die Zahl der Ausnahmetatbestände für Reisen auf die Insel erhöht, das Limit der Auslandsüberweisungen hochgesetzt. Firmen wie Google, PayPal und Airbnb dürfen nun Geschäfte mit Havanna machen. Ende November landete als erste Direktverbindung seit mehr als 50 Jahren ein American-Airlines-Flug in Havanna. 13 US-Airlines haben Anträge auf Flüge nach Kuba gestellt. Es ist eine ganze Menge an Veränderungen für zwei Jahre – und sie sind existenziell für Kubas Wirtschaft.
Aber auf welch wackligen Füßen die Annäherung an Kuba steht, ließ sich nach dem Tod von Fidel Castro Ende November beobachten: Trump bezeichnete den Revolutionsführer als „brutalen Diktator“und drohte zugleich mit einer neuen Eiszeit. Er sei bereit, die mit Kuba getroffenen Vereinbarungen aufzukündigen, sollte Havanna zu keinen Zugeständnissen für die „Bürger Kubas, die Exil-Kubaner und in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten“bereit sein. Wenn Trump die Annäherung zurücknimmt, wäre man schnell wieder in den Zeiten des Kalten Krieges angelangt. Das will Raúl Castro unbedingt vermeiden. Er hat kaum eine andere Wahl, als sich mit Trump gut zu stellen.
Fragile Wirtschaft
Zwar hat sich unter seiner Präsidentschaft ökonomisch viel verändert, dennoch bleibt die Insel klamm: Privates Kleingewerbe ist für mehr als 200 Berufe freigegeben, Kooperativen in der Landwirtschaft und weiteren 47 Wirtschaftszweigen sind erlaubt. Ausländische Investoren dürfen Staatsland auf 99 Jahre pachten. Staatsbetriebe erhalten Autonomie über eigene Investitionen. Kuba benötigt allerdings pro Jahr ausländische Direktinvestitionen von 2,5 Milliarden US-Dollar, mehr als 100 Millionen fließen aber nicht. Die Wirtschaft der Karibikinsel ist dermaßen fragil, dass sie ohne massive Hilfe von außen kaum überlebensfähig ist.