Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Hitze und der Tod
Spannend: Jane Harpers Krimi „The Dry“
(dpa) - Jane Harpers erstaunlicher Debütroman ist nicht nur eine fesselnde Kriminalgeschichte, sondern auch das bissige Sittengemälde einer Kleinstadt, in der Klatsch und Vorverurteilung blühen.
Seit Ewigkeiten schon hat es nicht mehr geregnet. Das Land glüht unter einer Hitzeglocke. Den Farmern stirbt das Vieh unter den Händen weg, die Ernte verdorrt. Entsprechend gereizt ist die Stimmung in dem ländlichen Städtchen Kiewarra irgendwo in Südaustralien. Und dann macht auch noch die Nachricht von einem grausamen Verbrechen die Runde: Der Farmer Luke Hadler, seine Frau Karen und ihr kleiner Sohn Billy werden erschossen aufgefunden. Schnell gerät der Familienvater in Verdacht. Hat er seine Familie und anschließend sich selbst aus Verzweiflung umgebracht?
Manche bringen sogar Verständnis für ihn auf und beneiden ihn auf gewisse Weise, „weil er jetzt aus allem raus ist. Wir anderen müssen hier bis zum bitteren Ende ausharren.“Lukes Eltern aber glauben nicht, dass ihr Sohn ein Mörder ist. Als Lukes Jugendfreund, der Polizeibeamte Aaron Falk, zur Beerdigung aus Melbourne in das Städtchen kommt, bitten sie ihn, der Sache nachzugehen.
Auch der erst seit Kurzem in Kiewarra tätige Sergeant Raco hat so seine Zweifel an der Selbstmordtheorie. Doch mit ihren Ermittlungen stoßen die beiden Männer sofort in ein Wespennest. Alte Wunden reißen wieder auf, und plötzlich sieht sich Aaron Falk mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Denn er verließ seinerzeit die Stadt keineswegs freiwillig. Alte, schwerwiegende Anschuldigungen kommen in der giftigen Gerüchteküche wieder hoch.
Jane Harpers Debütthriller „The Dry“ist eine echte Entdeckung. Denn die australische Schriftstellerin und Journalistin überzeugt nicht nur mit einem raffinieren Plot, sondern auch mit authentischen Figuren, die einen miefigen Kleinstadtkosmos bevölkern. Und dann sind da noch die atmosphärisch starken Beschreibungen – die glühende Hitze, die vertrocknete Landschaft und was das mit den Menschen macht.
Die Auflösung dieses Krimis, der zugleich ein Gesellschaftsroman ist, ist ebenso überraschend wie kunstvoll. Jane Harper zeigt sich als Meisterin ihres Fachs, von der man noch einiges erwarten darf.