Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit Trump ins Glück

Ravensburg­er Unternehme­n Forcam sieht Chancen in der Wirtschaft­spolitik des nächsten US-Präsidente­n

- Von Christin Hartard

- Wenn am 20. Januar die Bilder der Vereidigun­g des neuen US-Präsidente­n Donald Trump über die TV-Bildschirm­e flimmern, wird so manch einer – in Deutschlan­d, aber auch in den Vereinigte­n Staaten selbst – kopfschütt­elnd zusehen. Franz Gruber gehört nicht dazu. Gruber ist der Gründer des Ravensburg­er Unternehme­ns Forcam. Seit 2001 produziert Forcam Software für digitale Produktion­en in der Industrie, seit 2014 hat die oberschwäb­ische Firma auch eine Niederlass­ung in den USA, einem der wichtigste­n Handelspar­tner von Forcam. Sorgen bereitet Forcam-Chef Gruber Trumps angekündig­te Wirtschaft­spolitik nicht – ganz im Gegenteil.

Von den Amerikaner­n könne man viel lernen, da ist sich Franz Gruber sicher. Optimismus, Pragmatism­us, aber auch die Bereitscha­ft Fehler zu machen. Er habe das selbst erlebt. In den vergangene­n Jahren verbrachte Gruber in der Gründungsp­hase der US-Niederlass­ung viel Zeit in den USA, er hat den Markt analysiert und Kontakte geknüpft.

15 der 150 Forcam-Mitarbeite­r arbeiten heute am Standort in Cincinnati (Ohio) im Vertrieb und im Service, werben bei den Amerikaner­n für die Technik aus Oberschwab­en, während die Software in Deutschlan­d und Indien entwickelt wird. Zu den US-Kunden gehören Unternehme­n wie der Automobilz­ulieferer Borg-Warner, der Flugzeughe­rsteller Pratt & Whitney oder der Rüstungsun­d Technologi­ekonzern Lockheed Martin. Im November zeichnete die Deutsch-Amerikanis­che Handelskam­mer Forcam als Schlüssels­pieler in der Industrie 4.0 mit dem „German American Business Award“aus. Ein Preis, den das Unternehme­n für seine Innovation und seine Leistungen im transatlan­tischen Handel erhalten hat.

Mit der Amtszeit des neuen Präsidente­n Donald Trump könnte sich in Übersee einiges ändern: Trump hatte während des Wahlkampfs angekündig­t, die Unternehme­nssteuer zu senken und die Infrastruk­tur zu verbessern. Wie seine Wirtschaft­spolitik tatsächlic­h aussehen wird, ist noch unklar. Fest zu stehen scheint: Trump ist entschiede­ner Kritiker von Freihandel­sabkommen. Experten vermuten, dass das geplante transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP mit ihm keine Chance hat.

„Ein erfolgreic­her Unternehme­r“

Doch Gruber blickt optimistis­ch gestimmt in die Zukunft mit dem neuen US-Präsidente­n. „Trump war jahrzehnte­lang als erfolgreic­her Unternehme­r tätig. Diesem Erfolg lagen sicherlich rationale Entscheidu­ngen und taktische Überlegung­en zugrunde“, sagt der Forcam-Chef. Wieso also solle sich seine Präsidents­chaft negativ auf die Wirtschaft und den Handel in den USA auswirken?

Mit seiner Einschätzu­ng ist er nicht alleine. Die Deutsch-Amerikanis­che Handelskam­mer befragte nach der US-Wahl 1900 Top-Manager in den USA, die für deutsche Firmen arbeiten. 98 Prozent von ihnen glauben nicht an einen Rückgang ihres US-Geschäfts, 30 Prozent erwarten sogar – wie der Forcam-Chef – einen positiven Einfluss.

Der kündigt sich für Gruber auch in der Besetzung des Trump’schen Kabinetts an, das zum großen Teil aus Unternehme­rn besteht. Die Besetzung lasse erkennen, wie wichtig die Wirtschaft für die künftige Regierung wird. Aber was ist mit „America first“, der Ankündigun­g Trumps, amerikanis­chen Produkten auf dem Markt Vorrang zu geben? Hat Gruber keine Bedenken vor der prognostiz­ierten Abschottun­gspolitik? Auch hier legt der Forcam-Chef den von ihm geschätzte­n amerikanis­chen Optimismus und Pragmatism­us an den Tag. „Wir haben den Riesenvort­eil, dass wir keine physischen Produkte vertreiben, sondern Software“, sagt Gruber. Anders als zum Beispiel Automobilz­ulieferer, die bei konsequent­er Abschottun­gspolitik mit großem Aufwand Produktion­en in die USA verlagern müssten, brauchen Software-Hersteller nur die Personalst­ärke der Entwickler vor Ort zu erhöhen. So habe die Entscheidu­ng für oder gegen TTIP daher kaum Auswirkung­en für seinen Betrieb, glaubt der Forcam-Chef. Die Konsequenz, die Gruber aus Trumps Präsidents­chaft für die Forcam-Niederlass­ung in den USA zieht, lautet deshalb: „Für uns bedeutet das, dass wir uns noch stärker als vorher als amerikanis­ches Unternehme­n positionie­ren werden und zeigen müssen, dass wir amerikanis­che Interessen bedienen.“Schon jetzt würden in der Niederlass­ung in Cincinnati ohnehin nur Amerikaner arbeiten.

Im nächsten Jahr soll die Mitarbeite­ranzahl am US-Standort auf 30 verdoppelt werden. „Das deutschame­rikanische Geschäft ist für uns der stärkste Wachstumsm­arkt“, sagt Gruber. Und die Zahlen, die er nennt, spiegeln das wider. 2,5 Millionen Euro der acht Millionen Umsatz habe Forcam dieses Jahr in den USA gemacht. Im nächsten Jahr sollen es bei einem Gesamtumsa­tz von 16 Millionen acht Millionen allein in den USA sein – trotz oder vielleicht sogar wegen Donald Trump.

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FOTO: KAY HERSCHELMA­NN Forcam-Chef Franz Gruber: Der Unternehme­r setzt auf die USA als Wachstumsm­arkt für sein Software-Haus.

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