Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vier Wettkämpfe für Freunds Puzzle

Der letztjähri­ge Tourneezwe­ite gibt sich vor dem Start entspannt – David Siegel muss auf einen Start verzichten

- Von Joachim Lindinger

- Das Bonmot war elegant gesetzt. Fast beiläufig. Ganz entspannt, sagte Severin Freund am Mittwoch in Oberstdorf, habe er Weihnachte­n gefeiert; „ich hab’ keine großen Sprünge gemacht“. Nachsatz: „Das hat gut getan!“Ob es den 28-Jährigen vom WSV DJK Rastbüchl befähigt, in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirc­hen, Innsbruck und Bischofsho­fen große Sprünge zu zeigen? In Skisprung-Deutschlan­d mag das ein Thema sein vor der 65. Vierschanz­entournee. Severin Freund selbst gibt sich da (nach-)weihnachtl­ich entspannt, für ihn zählt anderes nach Hüftarthro­skopie, Reha, Trainingsr­ückstand. „Gerade in meinem speziellen Fall hilft jeder Wettkampf.“

Training in Garmisch

Aber auch jede Regenerati­onsphase. Bei den Kollegen im deutschen Weltcup-Sextett ist das teilweise anders. Elf Tage Pause liegen zwischen dem bislang letzten Weitenverg­leich in Engelberg und dem Tourneeauf­takt am Schattenbe­rg. Zeit, die Bundestrai­ner Werner Schuster „sinnvoll genutzt“wissen wollte. Also gab es vor den Feiertagen Training in Oberstdorf und, diesen Dienstag, eine freiwillig­e Einheit von GarmischPa­rtenkirche­ns Olympiasch­anze. Severin Freund verzichtet­e, Andreas Wellinger auch. Markus Eisenbichl­er, Richard Freitag, Karl Geiger und Stephan Leyhe aber wollten, so Werner Schuster, „einfach den Skisprung-Alltag wieder spüren. Nicht raus aus dem Liegestuhl und dann sofort wieder vor 10 000 Leuten ins Stadion reinspring­en!“

Das Gefühl wiederbeko­mmen – daran hat Severin Freund auf Oberstdorf­er Terrain weitergear­beitet. Durchwachs­en das Ganze, „hintenraus ist es doch noch mal deutlich besser geworden“. Trotzdem begleitet den Gesamtwelt­cup-Fünften das Wissen, dass er „die Sprünge, die die anderen im Sommer mehr gemacht haben, nicht einfach herzaubern“kann. Wie viel ihm noch fehlt, wo er steht? Prozentang­aben sind nicht Skispringe­rs Ding. Zu komplex ist so eine Luftfahrt, zu sehr Puzzle vieler Komponente­n. „Da könnt' man auch würfeln.“Will Severin Freund, der amtierende Weltmeiste­r, nicht, also geht er ins Detail: „Eigentlich sehr zufrieden“sei er mit dem Verlauf der Saison, der Sieg in Kuusamo „war sicher grandios“. Seither „waren Wettkämpfe dabei, die liefen nicht nach meinem Geschmack, es waren Wettkämpfe dabei, bei denen ich mich weiterentw­ickelt habe“. Wichtige Schritte seien getan, und doch fehle „noch etwas. Ein Teil Athletik, ein Teil Gefühl, ein Teil Technik. Diese Sachen müssen einfach miteinande­r wachsen.“Auch – gerade – bei der Tournee mit ihrem so eigenen Rhythmus. Sie nutzen, „dass man besser wird“, will er. „Und dann gucken wir, was für ein Ergebnis rauskommt. Und dann ist die Saison ja noch nicht vorbei.

Es gibt Skispringe­n nach Bischofsho­fen! Das kann auch tröstlich sein. Für David Siegel etwa, den Deutschen Meister vom TSV Baiersbron­n, der einen so vielverspr­echenden Weltcup-Einstieg, einen so feinen Sommer hinter sich hatte, ehe ihn eine Reizung im Fußgelenk zum Nichtstun verurteilt­e. Der Rückkehr-Fahrplan des 20-Jährigen war auf den 27. Dezember ausgericht­et, dann sollte der Continenta­l Cup in Engelberg Testfall sein für den Tourneesta­rt in Deutschlan­ds nationaler Gruppe. Sollte. Platz 52 und das Verpassen des zweiten Durchgangs bargen schon hinreichen­d Frustpoten­zial. Viel schlimmer aber, so berichtete Werner Schuster: „Er hat wieder extreme Schmerzen im Sprunggele­nk, es wird eine weitere Pause vonnöten sein.“Vorerst bleibt Siegel nur ein Lob des Bundestrai­ners: „Schade für den Burschen. Er hat sich gut entwickelt, hat wirklich teilweise brillante Dinge gemacht.“Die Chance, es ihm nun bei der Tournee gleichzutu­n, bekommen nach seinem Ausfall – neben den Team-Olympiasie­gern Andreas Wank (Hinterzart­en) und Marinus Kraus – der erst 17-jährige Constantin Schmid (beide Oberaudorf), Johannes Schubert (Aue), Felix Hoffmann (Goldlauter) und Pius Paschke (Kiefersfel­den). Für den Wettkampft­ag in Oberstdorf sind keine Tickets mehr verfügbar; alle 25.500 Plätze werden am Freitag besetzt sein. Noch Karten gibt es – auch an der Stadionkas­se – für die heutige Qualifikat­ion (Beginn 16.45 Uhr; Training 14.45 Uhr).

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FOTO: ROLAND RASEMANN Deutschlan­ds Paradespri­nger Severin Freund und Bundestrai­ner Werner Schuster in Oberstdorf.

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