Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Das Glück der späten Jahre
Wenn die Schatten länger und die Tage weniger werden, kann Mann schon mal ins Grübeln kommen, gerade um die Weihnachtszeit.
Ein universell wirksames Mittel gegen Altersschwermut ist noch nicht gefunden. Die Therapieansätze sind unterschiedlich, aber neuerdings berichten Mediziner von einer gesteigerten Nachfrage nach Testosteronbehandlungen. Weil die Ärzte sich nicht trauen, der Kundschaft – frei nach Erich Honecker – die Wahrheit zu sagen (Die Natur in ihrem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf), müssen wir uns auf ein neues Phänomen gefasst machen: greise Väter.
Man braucht das nicht zu dramatisieren, schon Jesus sagte schließlich: „Lasset die Kindlein zu mir kommen.“Es gibt viele Prominente, die das so sehen: Franz Beckenbauer etwa. Als seine Probleme noch ausschließlich privater Natur waren, hat der Kaiser einen Fehltritt bei einer Weihnachtsfeier mit unnachahmlicher Nonchalence so kommentiert: „Der liebe Gott freut sich über jedes Kind.“Mit etwas Abstand setzte Beckenbauer Jahre später noch einen drauf: „Später Vater ist besser als alternder Funktionär.“Da weiß er sich einig mit seinen VIP-Kollegen aus anderen Sparten. Mick Jagger, 72-jähriger Leadsänger der Stones, ist gerade wieder Vater geworden: zum achten Mal, mit der fünften Frau. Eine starke Performance – und da ist zweifellos noch Potenzial. Dennoch: Zur Spitzenposition wird’s wohl nicht mehr reichen: Als der Schauspieler Anthony Quinn mit 86 Jahren starb, hinterließ er fünf Frauen und 13 Kinder. Sorry, Mick: Man kann nicht auf jeder Bühne der Erste sein. (hü)