Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Variationen des Hasses
Polizeiruf 110: Angst heiligt die Mittel (ARD, So., 20.15 Uhr) -
Terror als unterhaltsamer Nervenkitzel? Was vor dem Anschlag in Berlin noch von ARD-Gre- mien gutgeheißen und abgenickt wurde, ging nachher offensichtlich nicht mehr. Die Programmgewaltigen kickten den als packenden Thriller angekündigten „Tatort: Sturm“aus Dortmund um einen islamistischen Sprengstoffattentäter aus dem Sendeschema und platzierten stattdessen den „Polizeiruf 110“aus Rostock. Man darf sich allerdings fragen, wie lange diese Anstandsfrist hält. Sind in zwei, drei oder vier Wochen Schmerz und Wut soweit vergessen, dass der Zuschauer diesen Schocker wieder verträgt? Wenn hinter der Programmänderung mehr stecken sollte, als eine wohlkalkulierte Heuchelei, dann müsste das nachhaltig auf die Inhalte der Unterhaltungskrimis durchschlagen. Man darf gespannt sein.
In dem Ersatzkrimi haben es die beiden Rostocker Kollegen Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Alexander Buckow (Charly Hübner) nicht mit weltweitem, sondern mit hausgemachtem Hass zu tun. Um die beiden Ex-Häftlinge, einen Vergewaltiger und einen Pädophilen, aus der so anständigen Dorfgemeinschaft zu vertreiben, scheint jedes Mittel recht. Da ist aber nicht nur die Angst vor Übergriffen, da spielt auch massiv rechtslastiges Gedankengut mit. Klug geschrieben von Susanne Schneider und spannend inszeniert von Christian von Castelberg.