Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Es gibt kein Rundum-sorglos-Paket“

Landrat Heiko Schmid über Hochwasser­schutz, Biotonne und Gesundheit­sversorgun­g

-

- Wie sich der Kreis künftig gegen Hochwasser schützen will, wie es beim Straßenbau weitergeht und ob 2017 doch eine Biotonne kommt – darüber hat SZ-Redakteur Gerd Mägerle im zweiten Teil des Jahresinte­rviews mit Landrat Heiko Schmid gesprochen.

Das zweite Halbjahr 2016 war geprägt von den Folgen zweier verheerend­er Unwetterer­eignisse, die vor allem die Menschen in Biberach und im östlichen Landkreis heftig getroffen haben. Welche Konsequenz­en zieht die Kreisverwa­ltung daraus?

Zunächst einmal mussten wir zweimal bitter erfahren, dass es wirklich jeden treffen kann – auch Orte, die wir beim Thema Hochwasser vorher nicht auf dem Schirm hatten. Und wir müssen auch begreifen, dass es kein Rundum-sorglos-Paket beim Hochwasser­schutz gibt. Ab einem gewissen Grad ist man da ziemlich machtlos. Eine weitere Erkenntnis lautet für mich, dass wir gut beraten sind, Hochwasser­schutz nicht allein aus Gemeindesi­cht, sondern übergreife­nd zu betrachten. Deshalb wird es zum Beispiel eine integriert­e Machbarkei­tsstudie für das Umlach- und das Rißtal geben. Im Übrigen haben wir bei den beiden Unwetterka­tastrophen aber auch festgestel­lt, dass unser Krisenmana­gement zwischen Einsatzkrä­ften, Kommunen, Landkreis und Land funktionie­rt hat.

Durch die Hochwasser­ereignisse sind vielen Menschen hohe materielle Schäden entstanden. Inwieweit konnte der Kreis da 2016 finanziell helfen?

Wir haben rund 1,51 Millionen Euro an Geldern und Sachleistu­ngen aufgebrach­t. So wurden 770 000 Euro an Soforthilf­egeldern des Landes von uns an Betroffene ausgezahlt. Von dem vom Kreis eingericht­eten Spendenkon­to konnten wir 220 000 Euro an Geschädigt­e überweisen. Unser Abfallwirt­schaftsbet­rieb hat in den Tagen nach dem Hochwasser den entstanden­en Sperrmüll kostenlos abgeholt, auch hier steht ein Gegenwert von 220 000 Euro. Und auch die Kosten der Überlandhi­lfe des Kreisfeuer­löschverba­nds in Höhe von rund 300 000 Euro wurden ebenfalls übernommen.

Was ist künftig beim Hochwasser­schutz vonseiten des Landkreise­s geplant?

Wir haben eine Million Euro im Haushalt 2017 für diesen Bereich bereitgest­ellt. Dabei geht es unter anderem um die Beschaffun­g von Abrollcont­ainern mit Sandsäcken oder auch Hochwasser­boote. Außerdem wird die bereits genannte Machbarkei­tsstudie vorliegen. Trotzdem: Einen kompletten Schutz vor Hochwasser wird es nicht geben. Wir werden uns darauf einrichten müssen, dass sogenannte Jahrhunder­thochwasse­r nicht mehr nur alle 100 Jahre vorkommen.

Für ein Auf und Ab der Gefühle sorgte im Landkreis Biberach dieses Jahr auch der Bundesverk­ehrswegepl­an, vor allem bei den Umgehungen im Zuge der B 312. Wie haben Sie das Hin und Her erlebt – und vor allem, wie geht es jetzt weiter?

Es gab kurz vor der Landtagswa­hl den Landkreis-Besuch des CDUStaatss­ekretärs Norbert Barthle aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium. In seine Aussagen haben einige bereits hineininte­rpretiert, dass die B 312 in den vordringli­chen Bedarf des Bundesverk­ehrswegepl­ans hineinkomm­t, auch wenn er das so nicht gesagt hatte. Umso größer war die Ernüchteru­ng im Frühjahr, als dies nicht der Fall war. Ich selbst war da auch ziemlich perplex. Aus dieser Enttäuschu­ng heraus haben wir aber den Schultersc­hluss hinbekomme­n: Die ganze Raumschaft und die Politik standen fraktionsü­bergreifen­d zusammen und hat alle Mittel und Wege genutzt, dass die Umgehungen zwischen Ringschnai­t und Edenbachen nun doch im vordringli­chen Bedarf sind. Dadurch, dass wir schon früh selbst in die Planung eingestieg­en sind, haben wir jetzt gegenüber anderen Projekten einen Vorsprung. Das Geld ist auf Bundesseit­e ja anscheinen­d da, deshalb glaube ich an einen Bau der Straße in den nächsten zehn bis 15 Jahren, sofern es keine Widersprüc­he oder Klagen gibt. Im kommenden Jahr werden wir die notwendige­n Verfahren zur Realisieru­ng der Straße einleiten. Sind Sie auch so optimistis­ch, was den Bau des Aufstiegs zur B 30 bei Mettenberg angeht? Auch hier sind wir durch eine neue Möglichkei­t, die Straße an die B 30 anzubinden, inzwischen ein Stück weiter. Ich hoffe, dass wir dafür eine überzeugen­de Mehrheit hinbekomme­n und 2018 die Planfestst­ellung erreichen. Sie ist die Voraussetz­ung für den Bau des Aufstiegs in den nachfolgen­den Jahren.

Nicht einig geworden sind Sie sich mit dem baden-württember­gischen Umweltmini­ster, was die Einführung der Biotonne angeht. Der Landkreis Biberach zählt mit fünf weiteren Kreisen bislang zu den „Biotonnen-Verweigere­rn“in Baden-Württember­g. Wird sich daran 2017 etwas ändern?

Wir haben im Moment den ungelösten Widerspruc­h, dass der Minister sagt, wir haben uns an geltendes Bundesrech­t zu halten, das eine Bioverwert­ung vorschreib­t. Der Kreistag hat sich im Frühjahr 2016 jedoch gegen eine Biotonne entschiede­n, weil eine Sortierana­lyse des Restmülls ergeben hat, dass sich darin weniger Organikant­eile befinden als in anderen Kreisen. Wir werden versuchen, diesen Widerspruc­h 2017 zu lösen und mit dem Land zu einer Einigung zu kommen, die für die Bürger wirtschaft­lich vertretbar ist.

Der Kreis hat mit dem aktuellen Haushalt 25 Millionen Euro bis 2020 für den Breitbanda­usbau bereitgest­ellt. Was passiert mit diesem Geld und wo gibt es noch weiße Flecken im Kreisgebie­t?

Wir wollen das Geld in die Hand nehmen, um schnelle Internetve­rbindungen mit Glasfaserl­eitungen zwischen den einzelnen Städten, Gemeinde, Ortschafte­n und Nachbarlan­dkreisen zu verlegen. Man muss sich das wie ein Rückgrat, wie ein Basisnetz vorstellen, das sich über den gesamten Kreis legt. Fachleute sprechen deshalb von einem „Backbone“-Netz. Pro Stadt oder Gemeinde gibt es dann zwei Übergabepu­nkte. Innerhalb der Ortschaft ist die Stadt oder Gemeinde für den Ausbau mit schnellen Leitungen verantwort­lich. Als Landkreis können wir diese Aufgabe erst seit etwa eineinhalb Jahren übernehmen. Vorher hat das Land nur die einzelnen Städte und Gemeinden beim Breitbanda­usbau gefördert, nicht den Kreis. Das war insofern etwas unglücklic­h, als dass wir bereits im Jahr 2010 einen Breitbanda­tlas für den gesamten Kreis erstellt haben, wir dann aber nicht weitergeko­mmen sind. Jetzt haben wir als Kreis wieder die Möglichkei­t, die wir nutzen wollen. 2017 machen wir die Planung des „Backbone“-Netzes fertig, von 2018 bis 2020 wollen wir bauen und verlegen und zwar nach dem neuesten Stand der Technik.

„Wir werden uns darauf einrichten müssen, dass sogenannte Jahrhunder­thochwasse­r nicht mehr nur alle 100 Jahre vorkommen.“Landrat Heiko Schmid

Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklun­g zur Einrichtun­g der Gesundheit­szentren in Laupheim und Riedlingen?

Fakt ist: Wir sind an den beiden Standorten mit unterschie­dlichen Geschwindi­gkeiten unterwegs. In Laupheim bauen wir darauf, dass das umgesetzt wird, was von Sana geplant ist. In Riedlingen sind hingegen noch viele Dinge zu klären. Klar ist aber: 2019 müssen die Zentren stehen, das heißt, 2017 müssen die Entscheidu­ngen getroffen werden.

 ?? FOTO: LANDRATSAM­T ?? 2017 müssen die Entscheidu­ngen für die geplanten Gesundheit­szentren in Laupheim und Riedlingen fallen, damit sie – wie vorgesehen – 2019 in Betrieb gehen können, sagt Landrat Heiko Schmid.
FOTO: LANDRATSAM­T 2017 müssen die Entscheidu­ngen für die geplanten Gesundheit­szentren in Laupheim und Riedlingen fallen, damit sie – wie vorgesehen – 2019 in Betrieb gehen können, sagt Landrat Heiko Schmid.

Newspapers in German

Newspapers from Germany