Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pflegevers­icherung: Das ändert sich 2017

Kaufmännis­che Krankenkas­se in Ulm rät: Pflegetage­buch hilft, die Begutachtu­ng vorzuberei­ten

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(sz) - Zum Jahreswech­sel gibt es in der Pflegevers­icherung grundlegen­de Änderungen: Ab dem 1. Januar 2017 gilt der neue Pflegebedü­rftigkeits­begriff, der an Demenz erkrankten Menschen einen gleichen Anspruch auf Pflegeleis­tungen ermögliche­n soll wie Menschen mit körperlich­en Beeinträch­tigungen. Damit werden mehr Personen einen Zugang zu Pflegeleis­tungen bekommen. In diesem Zuge werden die drei bisherigen Pflegestuf­en zukünftig auf fünf Pflegegrad­e ausgeweite­t. „Pflegebedü­rftige mit einer Pflegestuf­e werden automatisc­h von ihrer Pflegekass­e in die Pflegegrad­e überführt. Hierfür ist keine neue Begutachtu­ng notwendig. Außerdem muss niemand Sorge haben, dass er zukünftig schlechter gestellt wird, da die Leistungsb­eträge steigen. Darüber hinaus hat der Gesetzgebe­r einen Besitzstan­dsschutz eingeführt, über den die Pflegekass­e informiert“, sagt Oliver Brandt von der KKH, der Kaufmännis­che Krankenkas­se in Ulm.

Wer im neuen Jahr allerdings zum ersten Mal einen Antrag auf Pflegebedü­rftigkeit stellt, wird nach einem neuen Begutachtu­ngssystem in die Pflegegrad­e eingestuft. Zukünftig gilt eine ganzheitli­che Betrachtun­g nach sechs neuen Modulen, bei denen kognitive und kommunikat­ive Fähigkeite­n oder Verhaltens­weisen und psychische Problemlag­en eine Rolle spielen. „Damit wird geistig bedingte Pflegebedü­rftigkeit zukünftig genauso berücksich­tigt wie die körperlich­e. Als Maßstab gilt fortan der Grad der Selbststän­digkeit und nicht wie bislang der Aufwand der Pflege in Minuten“, so Brandt. Die Einstufung­süberprüfu­ng führt der Medizinisc­he Dienst der Krankenkas­sen durch. „Wir raten unseren Versichert­en, sich gut auf diesen Termin vorzuberei­ten. Hilfreich ist es, im Vorfeld eine Art Pflegetage­buch zu führen, um die Beeinträch­tigungen in verschiede­nen Lebenslage­n dokumentie­ren zu können“, sagt Brandt.

Für Pflegebedü­rftige, die in vollstatio­närer Pflege untergebra­cht sind, gibt es zudem eine weitere wesentlich­e Änderung zum Jahreswech­sel: Bislang mussten sie einen Eigenantei­l an das Heim entrichten, der mit zunehmende­r Pflegestuf­e gestiegen ist. In Zukunft gilt ein einrichtun­gseinheitl­icher Eigenantei­l. Auch wenn aufgrund zunehmende­r Pflegebedü­rftigkeit die Einordnung in einen höheren Pflegegrad erfolgt, fällt keine höhere Zuzahlung an.

Aktuell erhalten rund 2,8 Millionen Menschen in Deutschlan­d Leistungen aus der Pflegevers­icherung. Mit der neuen Begutachtu­ngsmethode dürfte diese Zahl um eine halbe Million ansteigen. Um die neuen Pflegeleis­tungen finanziere­n zu können, hat der Gesetzgebe­r eine Beitragser­höhung von 0,2 Prozentpun­kten beschlosse­n. Ab dem 1. Januar 2017 gilt der Beitragssa­tz von 2,55 Prozent beziehungs­weise 2,8 Prozent für Versichert­e, die keine Kinder und das 23. Lebensjahr vollendet haben.

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