Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So fahren Kinder sicher auf dem Rad mit

Crashtests zeigen, dass der Anhänger dem Sitz auf dem Gepäckträg­er überlegen ist

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enn Eltern ihren Nachwuchs per Fahrrad mitnehmen wollen, stellt sich rasch die Frage: Welches System ist das beste? Die zwei gängigsten Methoden sind dabei der Sitz auf dem Gepäckträg­er und der Fahrradanh­änger. Experten raten unter Sicherheit­saspekten eher zum Anhänger.

David Koßmann braucht zwei Handgriffe, um bei seinem Anhänger das Fahrrad auszubauen und das Gestell zusammenzu­klappen. „Dann passt das Ding hinter die Tür“, sagt der Familienva­ter, der oft mit Rad und Anhänger unterwegs ist und sich beim Pressedien­st Fahrrad auch beruflich die Frage stellt: Sollten Eltern ihre kleinen Kinder besser auf dem Fahrrad mitnehmen – oder hinten dran? Für Koßmann und seine Kollegen geht nichts über den Anhänger. Der sei deutlich sicherer und das Fahrverhal­ten damit viel stabiler. „Und wenn das Fahrrad umkippt, passiert dem Anhänger nichts.“Es lasse sich zudem nicht nur ein Kind transporti­eren, sondern je nach Modell auch zwei. Ansonsten fänden die Einkäufe dort einen guten Platz.

Die meisten Anhänger können nicht nur mit dem Fahrrad kombiniert werden. Sie sind auch als Kinderwage­n einsetzbar, können zum Joggen und mit dem richtigen Zubehör sogar auf die Skipiste mitgenomme­n werden. Außerdem lassen sich auf dem Gepäckträg­er des Rades trotz Anhänger weiterhin Taschen montieren. Und wenn Papa einen Rucksack trägt, muss das Kind nicht dauernd zur Seite schauen.

Fahrverhal­ten ohne Kind üben

Viele Eltern haben dennoch Respekt vor einem Anhänger. Passe ich damit überall durch? Wie ist das in den Kurven? Wird mein Kind da nicht übersehen? Koßmann rät daher, den zu jedem Anhänger mitgeliefe­rten Wimpel in Signalfarb­e anzubringe­n. „Der leuchtet auf Kopfhöhe von Fahrradfah­rern, und dann wird der Anhänger ganz sicher nicht übersehen.“Das Fahrverhal­ten könnten Eltern vorab auch ohne Kind üben. „Einfach mal mit einem Sack Blumenerde hintendrin ein paar Runden drehen und die Kurvenlage ausprobier­en.“Anders als ein Kindersitz passe ein Anhänger an so gut wie jedes Rad. Ausnahme: Carbonräde­r. Für die sei die Belastung in den meisten Fällen zu hoch.

Der Anhänger ist dem Sitz auf dem Gepäckträg­er in Sachen Sicherheit überlegen – ein bisschen jedenfalls. Das bestätigt auch René Filippek vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Crashtests hätten ergeben, dass der Anhänger im Falle eines Unfalls eher einfach nur zur Seite gedrückt wird. Gegen den Fahrradsit­z sprach in solchen Untersuchu­ngen die Fallhöhe. „Ein Kindersitz ist aber keineswegs per se unsicher“, sagt Filippek. „Sowohl Anhänger als auch Sitz können guten Gewissens verwendet werden.“Einen Helm sollte das Kind allen Experten zufolge in beiden Fällen unbedingt tragen.

Auf deutschen Straßen sind die Fahrradsit­ze deutlich in der Überzahl. Das liegt zum einen am Preis. Während ein Anhänger im günstigste­n Fall etwa 350 bis 400 Euro kostet, sind die Sitze schon für rund 150 Euro zu haben. „Viele Eltern haben auch keinen Abstellpla­tz für einen Anhänger und entscheide­n sich deshalb für einen Sitz“, sagt Filippek. Weiteres Plus: Auf dem Sitz kann sich ein Kind schneller bemerkbar machen als im Anhänger.

Wer sich für einen Sitz entscheide­t, sollte darauf achten, dass der Adapter des Modells zum Fahrrad passt. Bei Trapezrahm­en, also den zweirohrig­en Damenräder­n, ist das oft schwierig. Filippek rät, Kind und Rad beim Kauf mit zum Fachhändle­r zu nehmen. Wenn auf zwei Fahrräder jeweils ein zum Sitz passender Adapter geschraubt wird, können sich Mutter und Vater unkomplizi­ert abwechseln. Wichtig bei der Montage: Der Sitz muss ein paar Zentimeter über dem Gepäckträg­er schweben, damit er Unebenheit­en wegfedern kann. Der Helm des Kindes sollte hinten abgeflacht sein, damit der Kopf nicht immer anstößt oder nach vorne hängt. „Das ist aber bei den meisten Kinderhelm­en so“, weiß Filippek. Die Fußstützen sollten bei einem Sitz in der Länge verstellba­r sein und Anschnalle­r haben.

Der Fahrradsit­z vorn auf der Stange ist hingegen nicht zu empfehlen. Das meinen nicht nur die Fahrradver­bände, sondern auch der TÜV. Hinten sei das Kind besser vor Fahrtwind und Insekten geschützt. „Und Zappelphil­ippe auf der Stange können es dem Fahrer ganz schön schwer machen, die Balance zu halten“, erklärt Heidi Atzler vom TÜV Süd. Vorne darf das Kind außerdem nur 15 Kilogramm wiegen, hinten sind vom Gesetzgebe­r 22 Kilogramm erlaubt.

Aber egal, ob Anhänger oder Sitz: Das Rad sollte immer gut gewartet sein. Insbesonde­re die Bremsen, die das zusätzlich­e Gewicht zuverlässi­g stoppen müssen, verdienen besondere Aufmerksam­keit, betonen die Experten. (dpa)

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FOTO: DPA Auch wenn Verkehrsex­perten eher zum Anhänger tendieren: Auf deutschen Straßen sind die Fahrradsit­ze deutlich in der Überzahl.

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