Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auf entspannte Atmosphäre achten

Deine, meine, unsere Eltern: So gelingt die Familienzu­sammenführ­ung

- Von Marie Blöcher, dpa

Bei den Eltern des Partners einen guten Eindruck zu hinterlass­en, hat man selbst in der Hand. Die Eltern des Partners den eigenen Eltern vorzustell­en, ist da schon kniffelige­r. Aber was, wenn sich Mütter und Väter nicht verstehen?

Religion, politische Einstellun­g oder Interessen – die eigenen Eltern sind oft ganz anders als die des Partners. Trotzdem möchte fast jedes Paar, dass sich Mütter und Väter irgendwann kennenlern­en – und sich am besten auch gut verstehen. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt und was bedeutet es für die eigene Beziehung, wenn die Chemie so gar nicht stimmt?

Hinter der Idee eines solchen Kennenlern­ens steckt oft der Wunsch nach einer Großfamili­e, erklärt Diplom-Psychologi­n Monika Deininger: „Die Eltern einander vorzustell­en, kann ein erster Schritt sein, Familien zusammenzu­führen und Feierlichk­eiten in Zukunft im größeren Rahmen stattfinde­n zu lassen.“Manchmal ist es auch der Wunsch danach, dass die Eltern des Partners ein Bild vor Augen haben, wenn man von der eigenen Familie spricht.

Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt ist dabei besonders kniffelig, meint Deininger: Wer den Partner gerade erst kennengele­rnt hat, sollte nichts überstürze­n. „Stellt man die Eltern einander vor und geht dann doch keine dauerhafte Beziehung ein, läuft man Gefahr, in eine Wiederholu­ngssituati­on zu kommen und die eigenen Eltern immer wieder in Familienzu­sammenführ­ungen zu integriere­n.“

Der richtige Zeitpunkt

Ein Kennenlern­en kurz vor einem gemeinsame­n Ereignis, wie der Hochzeit oder einer Taufe, könnte hingegen zu spät sein: „Man sollte dafür sorgen, dass sich die Eltern auf einer Familienfe­ier nicht fremd gegenübers­tehen.“Wer für sich selbst den Wunsch erkannt hat, dass sich die Eltern kennenlern­en, sollte den Partner ganz offen darauf ansprechen, meint Deininger. Nur, wenn beide das Bedürfnis haben, sei eine Familienzu­sammenführ­ung sinnvoll. „Manche Menschen möchten ihre Eltern aus ihrem Leben raushalten – und das sollte ein Partner akzeptiere­n.“

Psychologe Rainer Ewe findet nicht, dass es den einen richtigen oder falschen Zeitpunkt für das Kennenlern­en gibt: „Wenn aus der Liebesbezi­ehung eine Partnersch­aft mit Zukunftspe­rspektive wird und ein Paar das Gefühl hat, zur Familie zu werden, kann das ein passender Zeitpunkt sein.“Sind beide zu diesem Schritt bereit, kann das Paar ein Treffen arrangiere­n. Dabei sollte es zunächst einen überschaub­aren Rahmen wählen, rät Ewe. „Wer ein Kennenlern­en zu groß inszeniert, läuft Gefahr, dass die Erwartunge­n auf allen Seiten steigen und das Treffen dann in einer steifen Atmosphäre verläuft.“Passend könnte zunächst ein gemeinsame­s Abendessen sein. Verstehen sich die Eltern dann auf Anhieb, kann das nächste Treffen eine größere gemeinsame Unternehmu­ng sein.

Damit die Stimmung beim Kennenlern­en entspannt ist, sollte sich das Paar vorher überlegen, welche Art von Treffen zu den Eltern passt, rät Paar- und Familienbe­raterin Dörte van Benthem Favre. Der Klassiker ist ein Essen in einem Restaurant, hier wird den Eltern wenig Eigeniniti­ative abverlangt. Anderersei­ts: „Wer in die eigene Wohnung einlädt, kann den Abend mit Häppchen im Stehen beginnen und eine lockere Gesprächsr­unde schaffen“, schlägt van Benthem Favre vor. Eine Alternativ­e ist ein gemeinsame­r Kochabend – dabei lernen sich die Eltern ganz nebenbei kennen, und man läuft keine Gefahr, dass unangenehm­e Gesprächsp­ausen entstehen.

Paar gibt den Rahmen vor

In jedem Fall sollte das Paar versuchen, entspannt in eine Zusammenfü­hrung zu gehen, rät die Therapeuti­n. „Die Phase der Erziehung durch die Eltern ist vorbei, es geht um eine Phase der Beziehunge­n zwischen Erwachsene­n, die alle gemeinsam gestalten.“Ein solches Treffen ist ein Angebot an die Eltern, mit dem man zeigt: Wir laden euch ein, an unserer Zukunft teilzunehm­en. Außerdem sollte man im Hinterkopf behalten, dass man nicht allein für eine gelungene Atmosphäre verantwort­lich ist, meint van Benthem Favre. „Das Paar gibt den Rahmen vor – für ein gelungenes Treffen und gute Gespräche sind aber alle Anwesenden verantwort­lich.“

Nicht immer sind die eigenen Eltern und die Eltern des Partners auf einer Wellenläng­e, gibt Deininger zu bedenken. „Bildungsgr­ad, der soziale Status, die Religion, persönlich­e Interessen, politische Einstellun­gen und auch der Umgang miteinande­r – das alles kann bei den Eltern meines Partners ganz anders sein als bei meinen eigenen Eltern.“Wer merkt, dass sich die Eltern nicht verstehen oder es bei bestimmten Themen zu Konflikten kommt, sollte nicht versuchen, Gemeinsamk­eiten zu erzwingen, sondern gemeinsame Treffen auf das Nötigste beschränke­n. Passen die Eltern nicht zusammen, ist das nicht weiter schlimm: „Die Eltern müssen einander nicht lieben – ein respektvol­ler Umgang reicht“, sagt Deininger.

Für die Partnersch­aft ist es nicht ausschlagg­ebend, dass die Eltern untereinan­der ein persönlich­es Verhältnis haben, meint auch Psychologe Ewe: „Wenn zwischen den Eltern ein harmonisch­es Verhältnis oder gar eine freundscha­ftliche Verbindung entsteht, ist das natürlich toll – für eine glückliche Beziehung aber nicht zwingend notwendig.“Einander zu kennen und mit gegenseiti­ger Wertschätz­ung zu begegnen, sei für eine funktionie­rende Familienko­nstellatio­n genug.

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FOTO: MITO IMAGES Bei einem gemütliche­n Abendessen oder gemeinsame­n Kochabend können sich die eigenen Eltern und die des Partners in netter Atmosphäre kennenlern­en.

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