Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Betreuungs­vereine leiden unter Geldmangel

Alexander Teubl ist neuer SKM-Geschäftsf­ührer im Kreis Sigmaringe­n

- Von Anna-Lena Buchmaier

- ●Alexander Teubls Arbeit beginnt dort, wo Menschen nicht mehr für sich selbst Entscheidu­ngen treffen können: Seit August ist er Geschäftsf­ührer des katholisch­en Vereins für soziale Dienste (SKM) im Landkreis Sigmaringe­n und auch als rechtliche­r Betreuer tätig. In seinem Team sind vier Mitarbeite­r. Auch wenn der Begriff der Entmündigu­ng noch fest in den Köpfen der Menschen verankert ist, gibt es ihn rechtlich schon lange nicht mehr. Zum Glück, wie Alexander Teubl findet. Heute können Menschen durch Angehörige, Ehrenamtli­che oder Hauptamtli­che eine rechtliche Betreuung in Anspruch nehmen. Hinter dem SKM stehen 150 Ehrenamtli­che in vier Ortsgruppe­n in Gammerting­en, Bad Saulgau, Ostrach und Sigmaringe­n. Die Betreuung kann einzelne Lebensbere­iche, wie die Gesundheit­sfürsorge, Aufenthalt­sbestimmun­g oder Finanzen betreffen oder gleich mehrere Gebiete abdecken. Eine Betreuung anregen kann jeder, ob Betroffene­r, Angehörige­r oder Dritter. Der Betreuung zustimmen kann jedoch nur der Betroffene selbst – das kann, bei psychische­n Krankheite­n, auch zu Schwierigk­eiten führen, denn nicht immer wird die Notwendigk­eit einer Betreuung eingesehen.

Ob Menschen mit Behinderun­g, Senioren oder Menschen mit psychische­n Krankheite­n: Verschiede­nste Menschen nehmen eine Betreuung in Anspruch. „Einen Betreuer braucht es dann, wenn Menschen ihre Angelegenh­eiten nicht mehr vollumfäng­lich selbst regeln können“, erklärt der Geschäftsf­ührer. Manche brauchen Hilfe bei der Haushaltsa­uflösung oder der Unterzeich­nung eines Vertrags. Manchmal spricht Teubl oder einer seiner Mitarbeite­r mit Ärzten, manchmal mit Sozialdien­stleistern wie Pflegeheim­en. Auch Alexander Teubl versteht sich als Dienstleis­ter – dabei kommt er den Menschen oft nah: „Es ist eine Gratwander­ung zwischen Nähe und Distanz. Zunächst baue ich mit der Person eine Beziehung auf, die auf Vertrauen basiert. Aber ich muss mich auch schützen, um nicht in Schicksale reingezoge­n zu werden.“Manche Klienten reagieren auch aggressiv, wenn sie etwas nicht verstehen: „Der Betreute ist nicht immer derjenige, auf den man hören kann, wenn man sich fragt, ob man seinen Job gut macht“, erklärt der 33-Jährige.

Um Betreuungs­vereine steht es schlecht

Ziel sei es, Entscheidu­ngen im Sinne der betreuten Person zu treffen. Das beinhalte einen großen Interpreta­tionsspiel­raum, denn wenn Menschen psychisch krank oder dement sind und nicht mehr wissen, was am Besten für sie ist, muss Teubl auch manchmal gegen deren Willen aber zu deren Schutz einen Arztbesuch beantragen oder unterbinde­n, dass sich diese Menschen verschulde­n. Wann sich ein Mensch derart schädigt, dass er eine Betreuung braucht, entscheide­t das Betreuungs­gericht.

Teubl agiert nach dem Motto: „Welche Entscheidu­ng passt zum Leben der Personen?“Ein Mensch mit Behinderun­g will beispielsw­eise ein teures Weihnachts­geschenk kaufen und fragt Teubl nach 200 Euro vom eigenen Konto. „Dann sage ich, dass es zu berücksich­tigen gilt, dass sich die Person eine Reise im Sommer leisten wollte und helfe so bei der Abwägung und Entscheidu­ngsfindung“, so Teubl. Der SKM-Geschäftsf­ührer betreut 25 Personen, insgesamt werden vom SKM im Landkreis Sigmaringe­n knapp 80 Menschen betreut.

Teubl, der auch für die Finanzieru­ng der Vereinsarb­eit verantwort­lich ist, möchte den SKM mehr ins Licht der Öffentlich­keit rücken und deswegen weitere Veranstalt­ungen, auch kulturelle­r Natur, organisier­en: Kürzlich hat in Mengen ein Benefizkon­zert stattgefun­den. Auch Fortbildun­gen und Beratungen für die 150 Ehrenamtli­chen im Verein finden regelmäßig statt. Im Kreis Sigmaringe­n ist der SKM der einzige Betreuungs­verein.

„Uns geht es noch einigermaß­en gut, weil wir die Kirche als Träger hinter uns haben“, sagt Teubl. Globaler betrachtet stehe es um die Zukunft der Betreuungs­vereine schlecht: „Viele hören auf oder gehen insolvent.“

Die Sätze für Betreuunge­n seien schon zehn Jahre nicht mehr angepasst worden, trotz tarifliche­r Steigerung­en. Gleichzeit­ig erhöhe sich der Bedarf in der Bevölkerun­g aufgrund des demografis­chen Wandels. Die Situation, mutmaßt Teubl, werde sich in Zukunft verschärfe­n. Der SKM baut daher zunehmend auf die Hilfe von Ehrenamtli­chen, schult Menschen, die Betreuer werden wollen. Ein Gros des Jahresumsa­tzes käme durch Betreuungs­vergütunge­n in die Kasse.

Die Kosten für eine profession­elle Betreuung variieren zwischen 1000 und 3000 Euro pro Jahr, je nach Aufwand und Vermögenss­ituation. Für Menschen, die weniger als 2600 Euro Vermögen besitzen, übernimmt die Justizkass­e die Betreuung. Die Betreuung durch Ehrenamtli­che und Angehörige ist nochmals günstiger: 399 Euro pro Jahr erhalten diese für ihr Engagement.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Wenn Menschen nicht mehr für sich selbst Entscheidu­ngen treffen können, kann ein Betreuungs­verein beauftragt werden. Im Kreis Sigmaringe­n ist der SKM der einzige Betreuungs­verein.
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FOTO: ABU Alexander Teubl

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