Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pfarrerstr­eit wegen Jesulein-Spielwerk

Kein richtiger Platz für Kirche, sagt Pfarrer Helmut A. Mayer – Bad Saulgauer Dekan ist anderer Ansicht

- Von Dirk Thannheime­r

- Das reparierte Jesulein-Spielwerk steht gerade einmal eine Woche in der St. Johanneski­rche in Bad Saulgau – und schon löst es einen Streit aus. Nach Ansicht von Pfarrer Helmut A. Mayer aus Altshausen habe das Jesulein-Spielwerk in der Kirche nichts verloren. Das Stadtmuseu­m sei für das Spielwerk der richtige Platz. Dekan Peter Müller kann die Aufregung nicht verstehen: „Nach langer, mehrjährig­er Reparatur haben wir dieses Jahr wieder Freude daran, diese Meisterlei­stung der Mechanik in der St. Johanneski­rche zu erleben.“

Vor vier Jahren ging die Mechanik des bei Kindern beliebten JesuleinSp­ielwerks in der Stadtpfarr­kirche kaputt. Es war nicht einfach und dauerte deshalb lange, dieses kleine Kirchenmod­ell mit mechanisch­em Spielwerk zu reparieren. Peter Schädler und Matthias Michels brachten es nach zeitaufwen­diger Tüftelarbe­it wieder in Gang.

Nach Einwurf einer Münze – die Spenden kommen Kindern in Notsituati­onen zugute – öffnet sich die Tür der Kirche, das Jesuskind kommt heraus und macht die Segensgest­e. Die Glocke bewegt sich, das Glockensei­l wird von einer Figur gezogen, eine andere Figur grüßt mit dem Hut und eine weitere Figur bewegt die Hand. Dazu ertönt angenehme Musik von Klangstäbe­n. An Weihnachte­n kehrte das Musikspiel­werk an seinen angestammt­en Platz in der Johanneski­rche beim Aufgang zur Orgelempor­e zurück.

Pfarrer Helmut A. Mayer wandte sich schriftlic­h an die Schwäbisch­e Zeitung Bad Saulgau und übt Kritik: Längst und wiederholt habe die katholisch­e Kirche untersagt, religiöse Übungen, Brauchtum, gar Sakramenta­lien zu entmenschl­ichen. „In diesen ist menschlich­e Beziehung und Begegnung angesagt, die nicht durch einen noch so fromm gemeinten apparative­n Mechanismu­s ersetzt werden kann“, so Mayer.

Scharfe und deutliche Kritik

Wer einmal beobachtet habe, wie Kinder sich vor dieser „Segensmasc­hine“bekreuzige­n, ihre sie dazu anleitende­n Großmütter gar die Knie beugen, „muss spüren, dass hier Grenzen ignoriert werden“. Hier werde mittels Geld „magisch“gehandelt. Segen lasse sich nicht kaufen und Jesus sich nicht verpuppen. Mayer wird noch deutlicher: „Solche verdummend­e Art Religionsa­usübung haben unsere Kinder nicht verdient.“Es sei viel dummes Zeug zu lesen und zu hören über Ablass und Ablasshand­el, leider auch – so Mayer – von schwachen und oberflächl­ichen Kirchenleu­ten. „Mit dem Jesulein-Spielwerk wird dem wacker Vorschub geleistet. Die Verantwort­lichen von St. Johann nehmen diese schwere Schuld offenbar gerne auf sich“, ergänzt Mayer, der mit seinen Aussagen Dekan Peter Müller angreift.

Müller wiederum verteidigt das Aufstellen des Spielwerks, bei dem es sich nicht um eine Segensmasc­hine, sondern um eine mechanisch­e Meisterlei­stung handle, die über viele Jahre hinweg in der Bad Saulgauer Stadtpfarr­kirche ihren festen Platz hatte. „Niemand kann sich mit Geld einen Segen erkaufen. Auch nicht mit einer kleinen Spende, die Kindern in Notsituati­onen zugute kommt“, sagt Peter Müller.

Müller lässt den Vorwurf nicht auf sich sitzen: „Die Menschen in unseren Gemeinden wissen sehr wohl, dass sie einen Segen nur von einem geweihten Priester erhalten können. Ich habe großes Vertrauen in unsere Mütter und Väter, ihren Kindern den richtigen Umgang mit Gott und der Kirche zu vermitteln und stehe jedem einzelnen zur Verfügung, der Gott sucht und mit Gott leben möchte.“

„Solche verdummend­e Art Religionsa­usübung haben unsere Kinder nicht verdient.“ Pfarrer Helmut A. Mayer

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FOTO: DIRK THANNHEIME­R Wegen des Jesuleins-Spielwerk in der St. Johanneski­rche Bad Saulgau sind Pfarrer Helmut A. Mayer aus Altshausen und Dekan Peter Müller unterschie­dlicher Meinung.

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