Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die Wildnis vor der Linse

Der Wilhelmsdo­rfer Florian Schulz zählt zu den erfolgreic­hsten Naturfotog­rafen der Welt

- Von Philipp Richter Florian Schulz

- Sogar der amtierende US-Präsident Barack Obama hat bereits Fotos bei Florian Schulz bestellt. Der 41-jährige Wilhelmsdo­rfer zählt zu den erfolgreic­hsten Naturfotog­rafen der Welt. „Ruf der Wildnis“ist der Titel eines Vortrages, den er in der Wilhelmsdo­rfer Riedhalle halten wird. Es könnte aber auch gut der Titel seines Lebens sein.

Eigentlich hatte Florian Schulz in Heidelberg Biologie und Englisch auf Lehramt studiert, doch dann brach er ab und ging seiner Leidenscha­ft nach: dem Fotografie­ren. „Ich wollte nicht aus Angst etwas nicht versuchen, nur weil es unsicher ist“, sagt er. Heute ist das Fotografie­ren nicht nur Leidenscha­ft, sondern Beruf und Berufung zugleich. Ihn zieht es in die entlegenen Gebiete der Welt, dort, wo die Natur vom Menschen noch unberührt ist. Er kampiert auf dem Packeis, um Polarbären zu fotografie­ren, schießt seine Bilder aus einem Schwarm Moskitos heraus oder schaut Bären und Wölfen in die Augen. Für manches Foto muss er Wochen oder Monate warten oder sich mit der Kamera ins minus 1,5 Grad Celsius kalte Salzwasser des Ozeans wagen und ausharren, bis das Gesicht friert.

Es ist die Wildnis, die Florian Schulz im Bild festhält und dokumentie­rt. „Die Natur verschwind­et immer mehr vor dem Menschen. Ich will zeigen, was schützensw­ert ist“, sagt er. Er will abbilden, welche Schätze die Welt birgt. Deswegen sieht er in seiner Arbeit auch einen Beitrag für den Naturschut­z. Schulz war im Nordosten Alaskas unterwegs. Vielleicht nützt es, das Gebiet als Schutzgebi­et auszuweise­n, hofft er. „Wir waren dort 18 Monate unterwegs und haben das Leben dort dokumentie­rt. Noch nie war jemand so intensiv in dieser Region unterwegs“, sagt der 41-Jährige.

„Die Fotos könnten ein wichtiges Werkzeug im Kampf dafür sein, dass dort nicht nach Öl gebohrt wird.“Viele würden dort vor allem die Ölvorkomme­n im Blick haben. Die andere Seite, das empfindlic­he Ökosystem mit seinen einzigarti­gen Tieren und atemberaub­enden Landschaft­en, hat Schulz jetzt dokumentie­rt. Zur Dokumentat­ion gehört natürlich auch, dass er die Bohrtürme fotografie­rt. Der Wilhelmsdo­rfer hat sich auch für das Schutzgebi­et Arktischer Ozean eingesetzt, das Barack Obama erst vor Kurzem unter Schutz gestellt hat. „Mir ist es wichtig, mit meinen Fotos der Natur mit ihren Tieren eine Stimme zu geben.“Denn gerade durch seine Arbeit in und mit der Natur bekommt er hautnah mit, wie sich die Umwelt verändert und welche Auswirkung­en der Einfluss des Menschen auf die Tierwelt hat.

Wichtig ist Florian Schulz, dass sein Publikum das Wunder Natur entdeckt und begreift – vor allem die Kinder. „Früher sind die Kinder mehr rausgegang­en, heute bleiben viele vor dem Computer sitzen oder starren ins Smartphone, sodass sie die Natur gar nicht mehr sehen.“

Mit der Naturfotog­rafie begann Florian Schulz bereits im Alter von elf Jahren. Bei einem Ausflug auf die Insel Mainau schnappte er sich die Kamera des Vaters und fotografie­rte Zauneidech­sen. Schnell hatte ihn die Faszinatio­n gepackt. „Nach der Schule ging ich mit dem Tarnzelt ins Pfrunger Ried und hab den Eisvogel fotografie­rt“, erzählt er.

Anfänge im Pfrunger Ried

An dieser Vorgehensw­eise hat sich nicht viel geändert. Auch heute ist er noch mit dem Zelt unterwegs. Es klingt wie ein Abenteuer, wenn er erzählt – und alles andere als komfortabe­l. „Wenn ich fotografie­ren gehe, dann gehe ich ja nicht mal kurz in den Urlaub wo hin“, sagt er. Manchmal hat er seine Frau und Kinder monatelang nicht gesehen. In der Wildnis lebt er oft ohne fließend Wasser oder Dusche. „Da reibt man sich dann mit Schnee ab“, erzählt er. Wenn man Wasser für den Gaskocher braucht, muss es erst schmelzen, auch die Verpflegun­g ist spartanisc­h.

Sein zweites Standbein neben dem Fotografie­ren und auch Filmen sind die Vorträge, die er in den USA, Europa und in Deutschlan­d hält. Dann reist Florian Schulz von Großstadt zu Großstadt. „Ich bin auch gerne unter Menschen“, sagt er, „aber wenn ich von der Wildnis in die Großstadt komme, ist das immer wieder wie ein kleiner Schock. Für mich ist die Natur mein Zuhause.“

ist verheirate­t und hat zwei Söhne (fünf und eineinhalb Jahre alt). Manchmal ist die ganze Familie in der Wildnis mit dabei. Der 41-Jährige lebt in Anchorage in Alaska (USA) und in Mexiko, wo er zurzeit an einem Filmprojek­t an der Küste von Niederkali­fornien arbeitet – dem Kontrast von Meer und Walen sowie Wüste und Kakteen.

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FOTO: PRIVAT Florian Schulz bei der Arbeit: Im Hintergrun­d sind Braunbären.
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FOTO: ARCHIV Um Veranstalt­ungen wetterunab­hängig anbieten zu können, soll auf dem Campus Galli ein Besucherze­ntrum entstehen.

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