Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gewerkscha­ftschef will mehr Kollegen statt Hilfspoliz­isten

Neu gewählter GdP-Landesvors­itzender Kirstein fordert mehr Geld für Bereitscha­ftsdienste und Schichtarb­eit

- Von Uwe Jauß

- Um drei Bereiche will sich der neue Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), Hans-Jürgen Kirstein, vordringli­ch kümmern: Die komplette Anerkennun­g der Bereitscha­ftszeiten, gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit und die Vergütung des Schichtdie­nstes auf Industrien­iveau.

Der in einer Friedrichs­hafener Dienststel­le angesiedel­te 52-jährige Polizeiobe­rkommissar ist Mitte November zum Gewerkscha­ftschef gekürt worden. Sein Verband hat in Baden-Württember­g knapp 13 000 Mitglieder. Nach seinen eigenen Worten hat sich Kirstein um den Posten nicht gerissen. Sein Vorgänger wollte jedoch aus privaten Gründen nicht mehr antreten. Ich bin mit Herzblut Gewerkscha­ftler. Mir liegt sehr daran, mich für meine Kollegen einzusetze­n“, sagt Kirstein, der zuvor schon GdP-Vize-Landeschef war.

Seine drei Top-Forderunge­n betreffen altbekannt­e Streitpunk­te. So werden Bereitscha­ftszeiten bisher nur teilweise als Arbeitszei­t anerkannt. Gegenwärti­g kann es auch der Fall sein, dass die Besatzung eines Streifenwa­gens beim Verdienst völlig unterschie­dlich eingestuft ist. Schichtzul­agen sind im Vergleich zur Wirtschaft bescheiden. Bisher haben die jeweiligen Landesregi­erungen auf entspreche­nde Kritik zurückhalt­end reagiert. Änderungen wären teuer. Zumal die Regierung im Bereich der Sicherheit­skräfte noch mit anderen Problemen zu kämpfen hat. So fehlen der Polizei im Land laut Kirstein „mindestens 2500 Stellen“.

Rückendeck­ung notwendig

Gar nichts hält er davon, den Personalma­ngel durch Hilfspoliz­isten zu kaschieren. In Baden-Württember­g zielt die Kritik auf den Freiwillig­en Polizeidie­nst (siehe Kasten). Kirstein verweist darauf, dass dessen Mitglieder zwar in Polizeiuni­formen auftreten würden, aber nicht ausreichen­d für originäre polizeilic­he Aufgaben ausgebilde­t seien.

Kirstein sieht zudem die Unruhe kritisch, die durch unablässig­e Reform-Diskussion­en in die Polizei hineingetr­agen werde: „Die Politik soll die Polizei mal wieder ihre Arbeit machen lassen. Was wir brauchen, ist vor allem eine gescheite Personalpl­anung für die Zukunft.“Er wünscht sich auch, dass Politik und die jeweiligen Polizeifüh­rungen den Beamten den Rücken stärken. Gerade in einer Zeit, in der in verschiede­nen Bevölkerun­gsteilen der Respekt vor der Polizei schwindet, sei dies wichtig.

Kirstein engagiert sich seit 1989 in der Personalra­tsarbeit. In der Wirtschaft entspricht dies dem Tun des Betriebsra­tes. Zur Polizei kam er 1982. „Es war von Kind an mein Traumberuf gewesen“, erzählt Kirstein. Er habe anderen Menschen helfen und dem Recht Geltung verschaffe­n wollen. Seine Karriere begann bei der Einsatzabt­eilung in Göppingen, einem speziell trainierte­n Teil der Bereitscha­ftspolizei. Später diente Kirstein der Bereitscha­ftspolizei Biberach als Ausbilder. Ab 2001 war er freigestel­lter Personalra­t.

Die Polizeiref­orm der früheren grün-roten Landesregi­erung nutzte der Gewerkscha­ftler zur Rückkehr in seine Geburtssta­dt Friedrichs­hafen. Jahre zuvor hatte er mit seiner Frau das elterliche Haus in Tettnang übernommen. Der Posten am Bodensee erspart ihm die Pendelei nach Biberach. In Tettnang ist Kirstein im SPDOrtsver­band aktiv. Als Hobbys nennt er Kampfsport und Wellness.

Die GdP ist Deutschlan­ds größte Polizeigew­erkschaft und Mitglied im Deutschen Gewerkscha­ftsbund. An zweiter Stelle kommt die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG). Sie gehört zum Deutschen Beamtenbun­d.

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FOTO: ULRICH MENDELIN Hans-Jürgen Kirstein führt die Gewerkscha­ft der Polizei in BadenWürtt­emberg.

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