Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Signale aus Kloster Seeon
Die CSU und ihr Vorsitzender Horst Seehofer nutzen die Klausurtagung, um Stärke zu demonstrieren
SEEON - Draußen schneit es kräftig. Und strenger Frost ist angesagt. Drinnen im warmen „Fürstenzimmer“von Kloster Seeon lässt Horst Seehofer offen, wie es im Verhältnis mit der Schwesterpartei weitergeht. Tauwetter oder weiter Eiszeit? Der CSU-Chef, der noch vor wenigen Tagen ein für Februar in München anberaumtes Treffen mit Angela Merkel und der CDU-Spitze wegen Differenzen in der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik wieder infrage gestellt hatte, pokert. Noch einmal bekräftigt er, die CSU-Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze sei ernst gemeint und werde nach der Bundestagswahl nicht einfach wieder beiseitegelegt. Da brüllt der bayerische Löwe wieder – zumindest ein wenig. Keine neuen Drohungen aus Bayern zwar, dafür aber ein paar Sticheleien Richtung CDU. „Wir brauchen keine Belehrungen“, stellt Seehofer klar. Die CSU sei schließlich die erfolgreichste Volkspartei überhaupt und Bayern wirtschaftlich so stark wie nie.
Der Parteichef, bei der Landesgruppe de facto nur Gast, fordert Entschlossenheit und einen klaren Kurs bei den wichtigsten Wahlkampfthemen 2017, bei Flüchtlingspolitik und Innerer Sicherheit. Die Bundestagswahl sei ein wichtiger Test. „Wenn wir sie nicht gewinnen, werden wir auch bei der Landtagswahl in Bayern 2018 keinen Erfolg haben“, so Seehofer. Alles andere wäre „eine kindliche Vorstellung“. Eine Niederlage bei der Bundestagswahl würde in der CSU und zwischen den Unionsparteien „ein größeres Schlachtfest“bedeuten. Deshalb sei diese Wahl für seine Partei „existenziell“.
Der CSU-Chef ist mit einer Erkältung aus dem Weihnachtsurlaub zurückkehrt und nach Seeon gereist. Mehr als nur verschnupft dürfte er auf eine neue Umfrage reagiert haben. Laut Forsa vertrauen ihm selbst die CSU-Anhänger inzwischen weniger als der Kanzlerin. Merkel kam bei der Befragung auf 72 von 100 möglichen Vertrauenspunkten, Seehofer dagegen auf 69. Werte, die den Parteichef nachdenklich machen könnten. Doch vor den Kameras beim Statement mit Landesgruppenchefin und Gastgeberin Gerda Hasselfeldt lässt er sich nichts anmerken. Stattdessen verweist er lieber auf eine aktuelle Umfrage der regionalen Fernsehsendung „17:30 Sat.1 Bayern“, wonach die CSU in Bayern wieder einmal die absolute Mehrheit erreichen würde. Das ist ihm und seiner CSU tatsächlich am wichtigsten: die absolute Mehrheit in Bayern. Im Bund sei man zufrieden, wenn das Ergebnis eher an 40- als an der 30-Prozentmarke liege.
Die von Wildbad Kreuth gewohnten Bilder, wie Seehofer draußen vor idyllischer Alpenkulisse Hof hält, fallen diesmal aber aus. „Frohes neues Jahr, hier in Bayern“, ruft Seehofer mit kratziger Stimmer den wartenden Journalisten zu – und geht ansonsten wortlos vorbei. Zu stark ist das Schneegestöber hier in Seeon. So stürmisch geht es auch drinnen bei den Abgeordneten zu. Klare Kante statt Geschlossenheit in der Union um jeden Preis, so lautet eine viel gehörte Forderung.
Parteichef Seehofer zeigt sich dagegen vor den Kameras geradezu moderat. Er vermeidet die ultimative Zuspitzung mit Szenarien, die auf eine Trennung der Unionsschwestern hinausliefen. „Es funktioniert ganz gut“, sagt er mit Blick auf das Verhältnis zur CDU. „Wir haben noch einiges zu besprechen, dann werden wir gemeinsam in den Wahlkampf ziehen.“Das Spitzentreffen der Union im Februar sei jedenfalls weiter in Planung, auch wenn man noch nicht mit letzter Sicherheit sagen könne, dass es stattfinden werde. Seehofer hat noch eine gemeinsame Klausurtagung von CDU und CSU in Erinnerung. 2008 war das. Die Schwesterparteien stritten damals über die Abschaffung der Pendlerpauschale – ein Tiefpunkt. Das dürfe sich nicht wiederholen.
Keine Zeit für „Säbelrasseln“
Es sei jetzt nicht die Zeit für „Säbelrasseln“. Kritik aus der CDU verbittet sich Seehofer deshalb energisch. Zum Beispiel die an seiner frühen Reaktion auf den Berliner Terroranschlag und die Forderung nach einer Neujustierung der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik. Es gehe nicht darum, alles auf den Kopf zu stellen. „Hören“, „Gebet“, „Lehren“, „Demut“, steht auf einem kleinen Monument am Klostersee von Seeon.
Bis Freitag haben die Abgeordneten noch Zeit für ihre Klausur. Am Abend ziehen sie sich erst einmal zur Andacht in die kleine Kapelle zurück. Kontrastprogramm zum oft polternden Politikstil der Partei. „Ist doch ganz kuschelig hier“, sagt Gerda Hasselfeldt.