Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Keine Zweifel mehr an Täterschaft Amris
Bundesanwaltschaft ist sich sicher, dass er den Laster in den Berliner Weihnachtsmarkt gelenkt hat – Suche nach Mitwissern geht weiter
(dpa) - Die Ermittler haben keine Zweifel mehr: Der 24 Jahre alte Tunesier Anis Amri hat das Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten verübt. „Nach unseren Erkenntnissen, nach all dem, was wir zusammengetragen haben, gehen wir davon aus, dass Anis Amri den Anschlag begangen hat“, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Mittwoch in Karlsruhe.
Ihren Angaben nach ist die bei dem Anschlag vom 19. Dezember verwendete Schusswaffe identisch mit der, die vier Tage später bei Amri in Italien gefunden wurde. Dieser war nahe Mailand bei einem Schusswechsel mit Polizisten getötet worden. Mehr als zwei Wochen nach dem Attentat suchen die Ermittler weiter nach Mitwissern oder Helfern des Tunesiers. Ein Bekannter Amris aus Berlin wird verdächtigt, von dessen Plänen gewusst zu haben.
Den Ermittlungen zufolge steuerte Amri den Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz. Der Bundesanwaltschaft zufolge wurde er direkt nach der Tat wohl von einer Kamera am nahe gelegenen Bahnhof Zoo aufgezeichnet. Amri sei sich der Aufzeichnung offenkundig auch bewusst gewesen, sagte die Sprecherin Frauke Köhler. Der Mann habe den erhobenen Zeigefinger in Richtung Kamera gezeigt – ein Gruß, der von Anhängern der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) bekannt ist. Der sogenannte Tauhid-Gruß symbolisiert den Glauben an den einen und einzigartigen Gott.
Die Behörde teilte zugleich neue Details zu dem Anschlag mit – so zu dem eigentlichen Lkw-Fahrer, der auf dem Beifahrersitz gefunden wurde. Nach Angaben der Sprecherin erfolgte der tödliche Schuss auf ihn am Friedrich-Krause-Ufer – mehrere Kilometer vom Breitscheidplatz entfernt. Dort war der Lkw vor dem Anschlag geparkt. Den Angaben nach hielt sich Amri bereits am Nachmittag des 19. Dezember am FriedrichKrause-Ufer auf, begab sich dann in die unweit gelegene „Fussilet“-Moschee und gegen 19.30 Uhr wieder zurück in die Uferstraße. Der Anschlag auf dem Breitscheidplatz ereignete sich rund eine halbe Stunde später.
Wo sich Amri am 20. Dezember aufhielt, ist noch nicht endgültig geklärt. Es gebe Erkenntnisse, wonach er nach der Tat über Nordrhein-Westfalen reiste, sagte Köhler. Nach Erkenntnissen der niederländischen Behörden sei der 24-Jährige am 21. Dezember um 11.30 Uhr in Nimwegen und gegen 13.30 Uhr in Amsterdam gewesen. Von Amsterdam fuhr Amri nach Lyon und Chambéry in Frankreich, dann nach Turin und schließlich nach Mailand.
Es sind aber noch zahlreiche Fragen offen: Nach wie vor sei ungeklärt, an wen Amri unmittelbar vor dem Anschlag aus dem Fahrerhaus des Lasters heraus eine Sprachnachricht und ein Foto versendet habe, sagte Köhler.
Gegen den Berliner Bekannten Amris wurde derweil Haftbefehl wegen des Verdachts auf Leistungsbetrug erlassen. Der Verdacht, er könne in den Anschlag eingebunden gewesen sein, habe sich dagegen für einen Haftbefehl nicht genügend erhärtet, sagte die Sprecherin. Der Berliner Generalstaatsanwaltschaft zufolge soll der 26-jährige Tunesier mit mindestens zwei Aliasnamen von April bis November 2015 in mehreren Städten zu Unrecht Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten haben.
Der Mann war am Dienstag in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft vorläufig festgenommen worden. Er hatte Amri laut Bundesanwaltschaft am Vorabend des Anschlags in einem Restaurant getroffen. Er kannte Amri seit Ende 2015. Bei einer zweiten Durchsuchung ging es um einen früheren Mitbewohner Amris, den die Bundesanwaltschaft als Zeugen führt.