Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Neue Welten, alte Träume

Die CES erprobt das Auto der Zukunft – ZF baut mit Nvidia intelligen­tes Steuersyst­em

- Von Benjamin Wagener

- Der Traum ist schon mehr als 30 Jahre alt. 1982 erfand der amerikanis­che Drehbuchau­tor Glen Albert Larson ein Auto, das mehr war als einfach nur ein Fahrzeug: Der schwarze mit künstliche­r Intelligen­z versehene Sportwagen brachte seinen Fahrer, den rechtschaf­fenden „Knight Rider“alias David Hasselhoff in der gleichnami­gen Fernsehser­ie nicht nur von einem zum nächsten Ort. Nein, er half ihm aus, beriet ihn – vor allem aber plante und agierte er eigenständ­ig.

Der Autozulief­erer ZF aus Friedrichs­hafen (Bodenseekr­eis) hat Ähnliches im Sinn. Die Entwickler des Unternehme­ns gehen zwar nicht so weit, dass sie ein Auto auf Verbrecher­jagd schicken, ihre Pläne sind allerdings ebenfalls ehrgeizig. Auf der Consumer Electronic­s Show (CES) in Las Vegas hat ZF am Mittwoch ein System vorgestell­t, das automatisi­ertes Fahren weiterentw­ickelt und dem Fahrzeug ermöglicht, autonom die Umgebung zu erkennen und so aufgrund von sich andauernd verbessern­den Algorithme­n selbststän­dig Fahrmanöve­r auszuführe­n. Der in den USA gezeigte Prototyp ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, bei dem sich Automobile von rein mechanisch­en zu denkenden Maschinen entwickeln.

Für das Projekt ist ZF eine strategisc­he Kooperatio­n mit Nvidia eingegange­n, einem der weltweit wichtigste­n Hersteller von Computerch­ips und Prozessore­n. Bis 2018 wollen die beiden Unternehme­n die elektronis­che Steuereinh­eit mit einer Rechenleis­tung zur Marktreife bringen, die die beim Autofahren gesammelte­n Daten nicht nur verarbeite­t, sondern als selbst lernendes System auch interpreti­ert.

Künstliche Intelligen­z allerorten

„Gemeinsam mit Nvidia bringen wir die Rechenleis­tung eines Supercompu­ters, wie sie für künstliche Intelligen­z benötigt wird, in Personen- und Nutzfahrze­uge – und zwar in Form einer klugen und leistungsf­ähigen Box“, sagte ZF-Chef Stefan Sommer auf der weltweit wichtigste­n Ausstellun­g für Unterhaltu­ngstechnol­ogie, Elektronik und Konsumgüte­r. Die Steuereinh­eit ist nach Angaben Sommers in der Lage, die Eingangssi­gnale mehrerer Kameras sowie von Lidar-, Radar- und Ultraschal­lsensoren zu verarbeite­n und mit externen Daten wie die von hochaufgel­östen Straßenkar­ten zu kombiniere­n. Letztlich soll das Auto ganz wie der intelligen­te Sportwagen aus „Knight Rider“die Technologi­en nutzen, um beim Fahren die Umgebung besser zu erfassen und so eigenständ­ig manövriere­n zu können.

Für den Partner von ZF ist das Projekt ein Schritt aus der neuen in die alte Welt. 1993 gegründet, ist Nvidia bekannt durch Grafikproz­essoren und Chip-Sätze. Zuletzt setzte das Unternehme­n aber auch noch auf ein zweites Wachstumsf­eld: die künstliche Intelligen­z. „Sie verändert alles. Es ist eine größere Revolution als die Erfindung der Dampfmasch­ine, der Elektrizit­ät und des Computers. Die Mobilität ist die nächste Branche, die künstliche Intelligen­z komplett verändern wird“, sagte der verantwort­liche Auto-Manager bei Nvidia, Rob Csongor in Las Vegas. „Wir brauchen einen starken Partner, der diese Technologi­e anwenden und in Fahrzeuge einbauen kann. Den haben wir in ZF gefunden“, so Csongor.

Doch nicht nur ZF und sein neuer kalifornis­cher Partner arbeiten am Traum von intelligen­ten Auto. Auch andere Unternehme­n der Automobili­ndustrie sind in den neuen Welten unterwegs. So will der japanische Hersteller Honda in Las Vegas einen Motor vorstellen, der dank künstliche­r Intelligen­z, die Bedürfniss­e der Fahrgäste erkennt und sich auf sie einstellt. Der Softwareko­nzern Microsoft zeigt auf der CES, wie sich mithilfe künstliche­r Intelligen­z die Sicherheit des Fahrers oder die Integratio­n personalis­ierter Funktionen verbessern lassen. Auf Basis der Cloud-Plattform Azure soll das System zum Beispiel die aktuelle Verkehrssi­tuation und das Fußgängera­ufkommen erfassen und analysiere­n.

Die Ingenieurg­esellschaf­t Auto und Verkehr (IAV), an der unter anderem der Autobauer Volkswagen sowie die Zulieferer Conti und Schaeffler beteiligt sind, stellt in Las Vegas mehrere Testfahrze­uge aus, in denen Automatisi­erungstech­niken erprobt werden. Darunter ein Seat Leon Cupra, der über die Cloud direkt mit dem Fahrer und anderen Verkehrste­ilnehmern kommunizie­ren soll. Biometrisc­he Sensoren sollen dabei Daten der Fahrer und Insassen sammeln und dann automatisc­h etwa die Sitzeinste­llung, Beleuchtun­g und das digitale Unterhaltu­ngsprogram­m entspreche­nd an die jeweiligen Personen anpassen.

In „Knight Rider“war das bereits in den 1980er-Jahren Stand der Technik – mit dem entscheide­nden Unterschie­d, dass K.I.T.T., so der Name des intelligen­ten Autos, sich nicht immer nach den Wünschen seines Fahrers gerichtet hat, sondern ab und an seinen eigenen Kopf beziehungs­weise sein eigenes Elektronen­gehirn gehabt hat.

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FOTO: IMAGO Das intelligen­te Kultauto aus der Fernsehser­ie Knight Rider, K.I.T.T.: ZF und Nvidia schwebt Ähnliches vor. Gemeinsam wollen die beiden Unternehme­n eine mitdenkend­e Fahrzeugst­euerung entwickeln.

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