Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schlaflos im All
„Passenger“– Unterhaltsame Weltraumromanze mit Jennifer Lawrence und Chris Patt
Die unendlichen Weiten des Weltraums scheinen sich besonders gut für kammerspielartige Inszenierungen zu eignen: Sei es in „Solaris“, „Moon“oder dem Finale von „2001“, jenseits der Erde drängen sich die ganz großen Fragen auf, die man nur im Gespräch mit einer Künstlichen Intelligenz oder sich selbst ausmachen kann. „Passengers“, der neue Film von Morten Tyldum mit Jennifer Lawrence und Chris Pratt, wagt sich ebenfalls an solche existenziellen Gedankenspiele.
Das Ausgangsszenario des Films ist reizvoll, auch wenn er im letzten Drittel auf die gängigen HollywoodKonventionen einschwenkt – was einigen Kritikern sauer aufstieß. Denn dieses wirft die Frage nach den Grundvoraussetzungen für ein erfülltes oder zumindest lebenswertes Leben auf. Diese Frage wird für den Zuschauer sehr nachvollziehbar durchdekliniert, auch wenn die zugrundeliegende Idee ans Absurde grenzt: In der Zukunft haben die Menschen begonnen, auch am äußersten Ende der Galaxis Kolonien zu errichten. Dabei scheint es der Erde an sich auch nicht viel schlechter als heute zu ergehen. An der Überbevölkerung könnte eine Schiffsladung von 5000 Kolonisten jedenfalls nicht viel ändern. So sind diese wohl auch eher durch Abenteuerlust und die Hoffnung auf einen Neuanfang motiviert. Samt der Besatzung befinden sie sich an Bord der „Avalon“im künstlichen Tiefschlaf.
Eine notwendige Maßnahme, schließlich beträgt die Reisedauer zur Kolonie „Homestead II“stolze 120 Jahre. Vier Monate vor Reiseende sollen die Passagiere gemäß Plan geweckt werden, um die Glieder zu strecken, sich auf das Kolonistendasein vorzubereiten und die Annehmlichkeiten an Bord des luxuriösen Schiffs zu genießen. Mechaniker Jim Preston (Chris Pratt) ist zwar nur in der Holzklasse unterwegs, aber voller Tatendrang, als er aus dem Dornröschenschlaf erweckt wird. Gut gelaunt findet er sich beim ersten Vorbereitungsseminar ein, bis ihm endlich auffällt, dass etwas nicht stimmt – wo sind all die anderen Passagiere?
Schnell findet er die schockierende Erklärung heraus: Es sind erst 30 Jahre vergangen, durch einen Fehler wurde Jim Jahrzehnte zu früh geweckt. Als Gesprächspartner dient ihm nun lediglich Barkeeper-Androide Arthur (Michael Sheen). Die Zeit zieht sich schier endlos, doch dann erwacht auch die Journalistin und Schriftstellerin Aurora Lane (Jennifer Lawrence) vorzeitig aus dem Schlaf.
Bevor die beiden eine erwartbare Beziehung beginnen, fällt Jim eine moralisch schwerwiegende Entscheidung, die hier nicht verraten werden soll. Diese hätte bereits den Film tragen können, doch Regisseur Morten Tyldum („The Imitation Game“) wollte wohl auf Nummer sicher gehen. Mit dem deutlich angezogenen Tempo im letzten Drittel wollte er wohl auch für die Freunde klassischer Weltraum-Action genügend Stoff bieten. Dies gelingt ihm auch teils spektakulär; insbesondere die Szene, in der sich der Inhalt eines Swimmingpools nach dem Verlust der Schwerkraft durch den Innenraum des gigantischen Raumschiffs zu bewegen beginnt, hinterlässt nachhaltigen Eindruck. Auch die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern – drei, wenn man den Androiden mit einrechnet – stimmt, was über einige Logiklöcher hingwegschauen lässt.
Für rund zehn Jahre befand sich das hochgehandelte Skript in der Umsetzung. Sicherlich hätte sich noch ein weitaus tiefgründigerer Film daraus machen lassen. Sieht man das Ganze jedoch als unterhaltsame Weltraumromanze, die sich auch um eine etwas anspruchsvollere Handlung als die üblichen Actionabenteuer im All bemüht, dann bietet „Passengers“einen durchaus gelungenen Start ins neue Kinojahr.
Passengers. Regie: Morten Tyldum. Mit Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen. USA 2016. 116 Minuten. FSK ab 12.