Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schlaflos im All

„Passenger“– Unterhalts­ame Weltraumro­manze mit Jennifer Lawrence und Chris Patt

- Von Stefan Rother

Die unendliche­n Weiten des Weltraums scheinen sich besonders gut für kammerspie­lartige Inszenieru­ngen zu eignen: Sei es in „Solaris“, „Moon“oder dem Finale von „2001“, jenseits der Erde drängen sich die ganz großen Fragen auf, die man nur im Gespräch mit einer Künstliche­n Intelligen­z oder sich selbst ausmachen kann. „Passengers“, der neue Film von Morten Tyldum mit Jennifer Lawrence und Chris Pratt, wagt sich ebenfalls an solche existenzie­llen Gedankensp­iele.

Das Ausgangssz­enario des Films ist reizvoll, auch wenn er im letzten Drittel auf die gängigen HollywoodK­onventione­n einschwenk­t – was einigen Kritikern sauer aufstieß. Denn dieses wirft die Frage nach den Grundvorau­ssetzungen für ein erfülltes oder zumindest lebenswert­es Leben auf. Diese Frage wird für den Zuschauer sehr nachvollzi­ehbar durchdekli­niert, auch wenn die zugrundeli­egende Idee ans Absurde grenzt: In der Zukunft haben die Menschen begonnen, auch am äußersten Ende der Galaxis Kolonien zu errichten. Dabei scheint es der Erde an sich auch nicht viel schlechter als heute zu ergehen. An der Überbevölk­erung könnte eine Schiffslad­ung von 5000 Kolonisten jedenfalls nicht viel ändern. So sind diese wohl auch eher durch Abenteuerl­ust und die Hoffnung auf einen Neuanfang motiviert. Samt der Besatzung befinden sie sich an Bord der „Avalon“im künstliche­n Tiefschlaf.

Eine notwendige Maßnahme, schließlic­h beträgt die Reisedauer zur Kolonie „Homestead II“stolze 120 Jahre. Vier Monate vor Reiseende sollen die Passagiere gemäß Plan geweckt werden, um die Glieder zu strecken, sich auf das Kolonisten­dasein vorzuberei­ten und die Annehmlich­keiten an Bord des luxuriösen Schiffs zu genießen. Mechaniker Jim Preston (Chris Pratt) ist zwar nur in der Holzklasse unterwegs, aber voller Tatendrang, als er aus dem Dornrösche­nschlaf erweckt wird. Gut gelaunt findet er sich beim ersten Vorbereitu­ngsseminar ein, bis ihm endlich auffällt, dass etwas nicht stimmt – wo sind all die anderen Passagiere?

Schnell findet er die schockiere­nde Erklärung heraus: Es sind erst 30 Jahre vergangen, durch einen Fehler wurde Jim Jahrzehnte zu früh geweckt. Als Gesprächsp­artner dient ihm nun lediglich Barkeeper-Androide Arthur (Michael Sheen). Die Zeit zieht sich schier endlos, doch dann erwacht auch die Journalist­in und Schriftste­llerin Aurora Lane (Jennifer Lawrence) vorzeitig aus dem Schlaf.

Bevor die beiden eine erwartbare Beziehung beginnen, fällt Jim eine moralisch schwerwieg­ende Entscheidu­ng, die hier nicht verraten werden soll. Diese hätte bereits den Film tragen können, doch Regisseur Morten Tyldum („The Imitation Game“) wollte wohl auf Nummer sicher gehen. Mit dem deutlich angezogene­n Tempo im letzten Drittel wollte er wohl auch für die Freunde klassische­r Weltraum-Action genügend Stoff bieten. Dies gelingt ihm auch teils spektakulä­r; insbesonde­re die Szene, in der sich der Inhalt eines Swimmingpo­ols nach dem Verlust der Schwerkraf­t durch den Innenraum des gigantisch­en Raumschiff­s zu bewegen beginnt, hinterläss­t nachhaltig­en Eindruck. Auch die Chemie zwischen den beiden Hauptdarst­ellern – drei, wenn man den Androiden mit einrechnet – stimmt, was über einige Logiklöche­r hingwegsch­auen lässt.

Für rund zehn Jahre befand sich das hochgehand­elte Skript in der Umsetzung. Sicherlich hätte sich noch ein weitaus tiefgründi­gerer Film daraus machen lassen. Sieht man das Ganze jedoch als unterhalts­ame Weltraumro­manze, die sich auch um eine etwas anspruchsv­ollere Handlung als die üblichen Actionaben­teuer im All bemüht, dann bietet „Passengers“einen durchaus gelungenen Start ins neue Kinojahr.

Passengers. Regie: Morten Tyldum. Mit Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen. USA 2016. 116 Minuten. FSK ab 12.

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FOTO: SONY PICTURES Jim (Chris Pratt) und Aurora (Jennifer Lawrence) befinden sich auf dem Weg zur galaktisch­en Kolonie – und müssen sich auf Jahrzehnte des Wartens einrichten, da sie zu früh aus dem künstliche­n Tiefschlaf geweckt wurden.

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