Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Arznei landet im öffentlichen Mülleimer
Seit 2005 ist die Entsorgung über den Hausmüll möglich – Unsicherheit bei Verbrauchern
- Die Bad Saulgauer Apothekerin Tatjana Buck macht auf eine Gefahr aufmerksam: In einem Papierkorb in der Nähe des Eisweihers in Bad Saulgau hat sie weggeworfene Medikamente entdeckt. So entsorgt, können Medikamente in die Hand von Kindern gelangen. Das muss nicht sein, meint die Apothekerin. Es ist erlaubt, Medikamente über den Restmüll des Haushalts zu entsorgen.
Auf dem Weg zur Berta-HummelSchule in Bad Saulgau sah die Apothekerin Tatjana Buck Medikamente im Abfalleimer ganz in der Nähe des Eisweihers. „Ein Medikament zur Regulation des Blutzuckers ist mir aufgefallen“, sagt die Apothekerin. Auch wenn sie nicht sagen kann, wie viele Tabletten letztendlich in den Packungen waren. Selbst eine könnte gefährlich sein. Tatjana Buck sieht vor allem eine Gefahr für Kinder. Viele passieren die Stelle. Tatjana Buck brachte ihr Kind in die BertaHummel-Schule. Kinder kommen hier vorbei, wenn sie zur Schule gehen oder wenn sie an kalten Tagen auf dem Eisweiher Schlittschuh laufen. Das eine oder andere neugierige Kind könnte nach einer der bunten Schachteln im Abfalleimer greifen.
Weshalb die Entsorgung auf dem Weg über einen öffentlichen Abfalleimer? Tatjana Buck kann auch nur Vermutungen anstellen. „Ich glaube, die Leute sind verunsichert. Sie wissen nicht, wie sie Medikamente entsorgen können.“Deshalb, so vermutet die Apothekerin, übergäben Betroffene die Arzneien über die öffentlichen Abfalleimer an die professionellen Entsorger. Die wüssten dann schon, was zu machen sei. Ein Bauhof-Mitarbeiter, den sie beim Leeren des öffentlichen Abfalleimers antraf, habe ihr erklärt, dass es öfter Medikamente in öffentlichen Abfalleimern gebe. Eine Aussage, die Georg Müller, stellvertretender Leiter des städtischen Bauhofs in Bad Saulgau, zumindest aus der eigenen persönlichen Erfahrungen heraus nicht bestätigen kann: „Das ist mir noch nie passiert.“
Tatjana Buck weiß, dass Medikamente zu Hause schnell zu einem Berg anwachsen können. Es gebe Fälle, in denen Patienten ein bestimmtes Medikament nicht mehr einnähmen, sich dieses vom Arzt aber weiter verschreiben lassen. „Oft schämen sich Patienten und möchten gegenüber dem Arzt nicht zugeben, dass sie das Medikament nicht mehr nehmen wollen“, sagt die Apothekerin. Wenn ein solcher Patient stirbt, könnten Hinterbliebene mit dem Problem der Entsorgung konfrontiert sein.
Dabei können verdorbene Medikamente oder nicht mehr benötigte Arzneimittel über den Hausmüll entsorgt werden. Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin informiert die Verbraucher übers Internet über die Entsorgungsmöglichkeit. Bei Arzneimitteln handle es sich um „Siedlungsabfall“. Allerdings kann es bei bestimmten Medikamenten im Beipackzettel spezielle Hinweise zur Entsorgung geben, die dann nicht in den Hausmüll gegeben werden können, sondern fachgerecht entsorgt werden müssen. „Das ist beispielsweise bei speziellen Betäubungsund Schmerzmitteln der Fall“, sagt Tatjana Buck. Der Normalfall sei aber die Entsorgungsmöglichkeit über den Hausmüll.
Schadstoffe werden zerstört
Seit dem 1. Januar 2005 würden Siedlungsabfälle vor der Ablagerung auf Deponien entweder mechanischbiologisch vorbehandelt oder verbrannt. Durch diese Behandlung würden die aus alten Arzneimitteln stammenden Schadstoffe in den Restabfällen „weitgehend zerstört oder inaktiviert“. Laut Ministerium bestehe damit bei der Deponierung keine Gefahr für das Grundwasser.
Tatjana Buck kennt die Unsicherheit vieler bei der Entsorgung von Arzneimitteln. Teilweise brächten Kunden die verdorbenen Arzneimittel in die Apotheke. Ihre Apotheke nehme die Medikamente beim ersten Mal zur Entsorgung entgegen. „Wir weisen die Kunden aber darauf hin, dass sie die Arzneien über den Hausmüll entsorgen können“, sagt die Apothekerin. Denn auch für die Apotheke verursache die Entgegennahme und Entsorgung der Arzneien Kosten.