Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Irrlichter­nde Grüne im Bund

- Von Rasmus Buchsteine­r politik@schwaebisc­he.de

Der Ton ist deutlich rauer geworden, die Nervosität bei den Grünen wie mit Händen zu greifen. „Wir drohen bei neun Prozent zu verrecken“, bringt es Robert Habeck auf den Punkt, einer der Anwärter auf die Spitzenkan­didatur bei der Bundestags­wahl. Das klingt schon fast nach Panik.

Tatsächlic­h hat die Ökopartei in diesem zwar noch jungen, aber für sie so wichtigen Jahr einen kapitalen Fehlstart hingelegt. Die irrlichter­nden Äußerungen von Parteichef­in Simone Peter zum Polizeiein­satz in der Kölner Silvestern­acht, der parteiinte­rne Streit über die Innere Sicherheit und die Konsequenz­en aus dem Berliner Terroransc­hlag oder der Ruf nach Sex auf Rezept im Pflegeheim – all das wirkt neben der Spur. Und es nährt Zweifel daran, dass die Grünen im Bund gut auf das Jahr 2017 vorbereite­t sind.

Dass sie zuletzt in der Sonntagsfr­age auf neun Prozent abgesackt sind, lässt inzwischen zumindest den Realo-Flügel nachdenkli­ch werden. Eben noch schien es, als könnten die Grünen bei der Bundestags­wahl zum Zünglein an der Waage werden, nun kehrt Katerstimm­ung ein. Der Grund dafür ist, dass der Partei weiter ein starkes Machtzentr­um fehlt. Nicht unbedingt ein neuer Joschka Fischer müsste her, aber schon jemand, der in der Lage wäre, die Grünen zu führen und hinter sich zu versammeln.

Ihre Vorsitzend­en Simone Peter und Cem Özdemir arbeiten mehr gegeneinan­der als miteinande­r. Die Urwahl-Konkurrenz um die Spitzenkan­didatur hat die Beteiligte­n zusätzlich unter Profilieru­ngsdruck gesetzt. Selbstbewu­sste Grüne aus den Ländern wie Baden-Württember­g verstärken mit ihren Wortmeldun­gen und steilen Thesen den Eindruck der Uneinigkei­t häufig noch.

Wollen die Grünen im Bund nicht weiteres Vertrauen verspielen, müssen sie die Zeichen der Zeit erkennen und staatstrag­ender werden. Ob nun in der Flüchtling­s-, in der Sicherheit­spolitik oder in der Steuerpoli­tik – sie sollten nicht ihren üblichen Reflexen folgen. Sonst werden sie in der Wählerguns­t weiter abstürzen und am Ende nicht viel mehr als ihre Stammklien­tel erreichen können.

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