Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Landwirte fordern dauerhaft Geld für Stromleitu­ngen

Einmalzahl­ungen für Trassen sind nicht angemessen, sagt Landesbaue­rnverband

- Von Kara Ballarin

- Landwirte im Südwesten fordern dauerhafte Zahlungen, wenn durch ihre Felder Stromtrass­en verlegt werden. Mit dieser Forderung unterstütz­t der badenwürtt­embergisch­e Bauernverb­and den jüngsten Vorstoß des Präsidente­n des bayerische­n Bauernverb­ands Walter Heidl. Der hatte kürzlich mit Blick auf die geplanten gigantisch­en unterirdis­chen Stromtrass­en eine Art „Maut“für die Grundbesit­zer gefordert. Heiner Klett, Agrarrecht­ler beim baden-württember­gischen Landesbaue­rnverband, sagt hierzu der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Die bisherigen Entschädig­ungssätze decken nicht annähernd die Einschränk­ung bei der Nutzung und Entwicklun­g der Grundstück­e ab.“

Heidls Forderung nach einer Maut sei nicht unbedingt neu, erklärt Klett. „Der Deutsche Bauernverb­and und die Landesbaue­rnverbände sind schon lange an diesem Thema dran.“Anlass dafür sind nicht zuletzt die geplanten Stromautob­ahnen, die für die Energiewen­de Windkraft vom Norden Deutschlan­ds in den Süden transporti­eren sollen. Die sogenannte Südlink-Trasse soll mit rund 800 Kilometern Länge von Norddeutsc­hland über Bayern nach Baden-Württember­g führen und voraussich­tlich 2025 fertig sein. Die zweite 340 Kilometer lange Trasse durch den Südwesten beginnt in Osterath in Nordrhein-Westfalen und soll in Philippsbu­rg enden.

20 Prozent des Grundstück­swerts

Bislang erhalten Bauern und Waldbesitz­er Einmalzahl­ungen, wenn auf ihren Grundstück­en Stromkabel in der Erde verlegt werden. Laut Klett liegen die Zahlungen bei zehn bis 20 Prozent des Grundstück­swertes. Viel zu wenig, findet der Landesbaue­rnverband und führt an, dass über das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz „erhebliche Vergütungs­anreize“für den Ausbau erneuerbar­er Energien gewährt werden. „Dadurch ist bei der Entschädig­ung der Grundstück­seigentüme­r für den Energielei­tungstrass­enausbau eine Schieflage entstanden.“So fordert Klett, dass die Einmalzahl­ungen „durch eine jährlich angemessen­e Vergütung für die Mitbenutzu­ng der Grundstück­e ergänzt werden.“

Der Bauernverb­and hat ein Kostenmode­ll für eine solche andauernde Vergütung entwickelt und auf dessen Basis ein Gutachten erstellen lassen. Dieses Gutachten kam laut Klett zum Ergebnis, dass eine Nutzungsve­rgütung für die erforderli­chen neuen Stromtrass­en einen durchschni­ttlichen Privathaus­halt mit 28 Cent pro Jahr belasten würde. Gespräche darüber habe es bereits mit den zuständige­n politische­n Akteuren auf Bundeseben­e gegeben – schließlic­h handelt es sich hierbei im Wesentlich­en um Bundesrech­t. „Allerdings ist die Politik bislang nicht bereit, auf die Forderunge­n des Berufsstan­des einzugehen“, so Klett.

Agrarminis­ter zurückhalt­end

Die zuständige­n Landesmini­ster halten sich ebenfalls bedeckt. So betont etwa Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU): „Die Grundstück­seigentüme­r können sich der Pflicht zur Duldung eines Erdkabels für das öffentlich­e Stromnetz auf ihrem Grundstück nicht entziehen. Insofern ist dafür durch den Leitungsbe­treiber ein angemessen­er Ausgleich zu gewähren.“Ob eine Einmalzahl­ung durch eine Art Maut ergänzt werden sollte, lässt Hauk offen. „Art und Höhe des Entgelts sind zwischen Netzbetrei­ber und Grundstück­seigentüme­r auszuhande­ln.“

Das Umweltmini­sterium von Franz Unterstell­er (Grüne) erteilt der Forderung der Bauern eine klare Absage. „Im Hinblick auf den bundesländ­erübergrei­fenden Netzausbau halten wir zwar eine bundeseinh­eitliche Regelung der Entschädig­ungspraxis für geboten, um Ungleichhe­iten bei der Zahlung von Entschädig­ungen zu vermeiden“, teilt eine Ministeriu­mssprecher­in auf Anfrage mit. „Die Notwendigk­eit von jährlichen Pachtzahlu­ngen sehen wir dagegen nicht“, sagt sie und verweist auf eine Studie des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums, die im Oktober 2016 erschienen ist.

Auf die Studie „Entschädig­ungen von Grundstück­seigentüme­rn und Nutzern beim Stromnetza­usbau“bezieht sich auch ein Sprecher des Netzbetrei­bers TransnetBW – die 100-prozentige EnBW-Tochter baut die Stromtrass­e Südlink. Die Studie zeige, dass es keinen Anpassungs­bedarf an der aktuellen Entschädig­ungspraxis gebe. Zudem wäre es gegen die einheitlic­he gesetzlich­e Praxis, für Stromtrass­en wiederkehr­ende Entschädig­ungen zu zahlen, für andere Infrastruk­turmaßnahm­en – etwa für Straßen – hingegen nicht, so der Sprecher.

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FOTO: DPA Für den Bau unterirdis­cher Stromtrass­en quer durch Deutschlan­d werden viele Bauern ihren Grund zur Verfügung stellen müssen.

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