Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Oettinger steht bei Anhörung Rede und Antwort

EU-Kommissar gibt im EU-Parlament Verspreche­n ab – 63-Jähriger erhält Zuständigk­eit für EU-Haushalt

- Von Ansgar Haase

- Begleitet von Protesten ist Günther Oettinger in Brüssel zum Haushalts- und Personalko­mmissar aufgestieg­en. Am Montagaben­d musste er zur Anhörung im Europaparl­ament antreten. Neben einer Entschuldi­gung brachte er auch ein Verspreche­n mit.

Welche Funktion hat der 63-jährige Oettinger nun genau inne?

Kommission­schef Jean-Claude Juncker hat dem Deutschen zum 1. Januar die Zuständigk­eit für den EUHaushalt und das Personalwe­sen der 33 000 Mitarbeite­r zählenden Behörde übertragen. Damit hat dieser eine verantwort­ungsvoller­e Aufgabe als früher. Zuletzt kümmerte sich Oettinger um das wenig prestigepr­ächtige Ressort Digitalwir­tschaft.

Gibt es etwas am Aufstieg Oettingers auszusetze­n?

Organisati­onen wie Transparen­cy Internatio­nal und Lesben- und Schwulenve­rbände kritisiere­n, dass Oettinger jetzt für das Personalwe­sen der EU-Kommission zuständig ist. Für diese Aufgabe sei er wegen Affären um „rassistisc­he, sexistisch­e und homophobe Bemerkunge­n“nicht geeignet, schrieben sie in einem gemeinsame­n Brief. Hinzu komme, dass Oettinger in der Vergangenh­eit immer wieder wegen seiner häufigen Kontakte zu Lobbyisten in der Kritik gestanden habe.

Wie kommt es zu der Kritik?

Ein Grund ist eine Rede, die Oettinger am 26. Oktober in Hamburg gehalten hatte. Der EU-Kommissar bezeichnet­e dabei Chinesen als „Schlitzaug­en“, sprach von einer „Pflicht-Homo-Ehe“und machte missverstä­ndliche Äußerungen zur Frauenquot­e. Wenig später wurde bekannt, dass Oettinger im Mai im Privatjet des Ex-Daimler-Managers und russischen Honorarkon­suls Klaus Mangold zu einem Abendessen mit dem ungarische­n Regierungs­chef Viktor Orban geflogen war. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen Ethikregel­n der Behörde.

Was sagt Oettinger zu den Vorwürfen?

Er bat für die Äußerungen um Verzeihung und betonte, dass er nichts gegen Chinesen, Homosexuel­le und Gleichbere­chtigung habe. Bei der Anhörung im EU-Parlament am Montagaben­d entschuldi­gte er sich: „Ich bedauere diese Ausdrücke von damals ausdrückli­ch.“Die Flugreise im Jet des Lobbyisten Mangold wurde laut Oettinger von der ungarische­n Regierung organisier­t und verstieß nicht gegen die Ethikregel­n. Er habe „eine völlige Unabhängig­keit“Lobbygrupp­en gegenüber. Er höre aber in der Regel diejenigen an, die mit Sachkunde ein Interesse hätten, ihn zu sprechen.

Wie ist die Anhörung für Oettinger gelaufen?

Der Deutsche gab eine souveräne Vorstellun­g ab und ließ sich von kritischen Fragen nicht nervös machen. Dem Europaparl­ament versprach Oettinger, es eng in die Vorbereitu­ng für die künftigen EU-Finanzplan­ungen einzubezie­hen. Das Parlament sei für ihn neben den Mitgliedst­aaten ein vollwertig­er und gleichbere­chtigter Mitgesetzg­eber.

Könnten die Abgeordnet­en noch dafür sorgen, dass die Beförderun­g wieder rückgängig gemacht wird?

Nein. Das EU-Parlament hat bei Ressortver­änderungen kein Mitsprache­recht – es kann nur dem kompletten Kollegium der Kommissare das Misstrauen ausspreche­n. Viele Abgeordnet­e sind sauer darüber, dass Juncker den früheren baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten zum 1. Januar zum Kommissar für Haushalt und Personal machte und nicht bis nach der Anhörung gewartet hat.

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FOTO: AFP Günther Oettinger hat sich bei der Anhörung im EU-Parlament am Montagaben­d entschuldi­gt.

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