Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Maas will Fußfessel für Gefährder einführen
Kritiker sehen keinen großen Sicherheitsgewinn durch mehr Überwachung
(dpa/AFP) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Berlin angekündigt. Der Anschlag auf den Breitscheidplatz „mahnt uns, hier schnell zu handeln, hier richtig zu handeln, nicht nur in Ankündigungen steckenzubleiben, sondern auch wirklich Flagge zu zeigen“, sagte Merkel am Montag bei der Jahrestagung des Beamtenbunds dbb in Köln.
Die Koalitionsparteien kommen sich bei der Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen näher. Nachdem Bundesjustizminister Heiko Maas sich mit einer umfassenderen Abschiebehaft für Gefährder einverstanden erklärt hat, zeigt der SPD-Politiker sich nun auch offen für den Einsatz von elektronischen Fußfesseln.
Es dürfe bei gefährlichen Islamisten kein Tabu sein, sagte Maas am Montag. Er wies darauf hin, dass sein Haus 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt habe, der Fußfesseln für verurteilte Kriminelle nach ihrer Haftentlassung vorsieht. Maas fügte hinzu: “Auch die Gefährder, also alle, bevor ein Verfahren oder eine Verurteilung stattfindet, können eine Fußfessel angelegt bekommen“. Dies könne den Sicherheitsbehörden helfen.
Eine elektronische Fußfessel verfügt über einen Sender, mit dem der Aufenthaltsort eines Menschen überwacht wird. Ihr Gewicht entspricht dem einer Armbanduhr. Man kann mit ihr Sport treiben und Duschen. Gerichte ordnen das Tragen an und legen die Bereiche fest, in denen sich ein überwachter Ex-Häftling aufhalten muss - oder Zonen, die ihm verboten sind. Daneben gibt es auch die Möglichkeit einer ständigen Überwachung. Die Fußfessel benutzt das von Navigationsgeräten bekannte GPSSystem. Sie überträgt die Daten rund um die Uhr an die 2012 eingerichtete Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Bad Vilbel. Hält sich der Betroffene nicht an die Auflagen oder manipuliert den Sender, wird Alarm ausgelöst.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem „guten Vorschlag“. Er freue sich, dass Maas sich seinen Forderungen anschließe. Auch Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) begrüßte den Vorstoß. „Es ist höchste Zeit, dass wir die elektronische Fußfessel bei verurteilten terroristischen Gefährdern einsetzen“, sagte er.
Baustein der Anti-Terror-Strategie
Die Maßnahme sei „ein weiterer Baustein, die bestehenden technischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Gefahr terroristischer Anschläge zu verringern“. Sie könne allerdings nur ein erster Schritt sein. „Wir müssen insbesondere über eine Ausweitung auf andere Straftaten und über die nach wie vor zu strengen Anwendungsvoraussetzungen sprechen“, sagte Wolf.
Dagegen kritisierte der Deutsche Anwaltverein (DAV) Maas’ „Symbolpolitik“. „Eine solche Fessel schafft nicht wirklich mehr Sicherheit“, sagte Verbandspräsident Ulrich Schellenberg. Attentate seien auch mit Fußfessel möglich, wie ein Angriff auf einen Priester in Frankreich gezeigt habe. „Auch im Fall Amri hätte eine Fußfessel nur Auskunft darüber gegeben, dass er am Breitscheidplatz ist – die Tat wäre nicht verhindert worden.“
Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist der Einsatz von Fußfesseln bei Gefährdern kein Allheilmittel. Wenn man an die Kontakte eines Gefährders herankommen wolle, sei sie eher hinderlich, sagte Landeschef Hans-Jürgen Kirstein in Stuttgart. Ein Gefährder mit Fußfessel werde sich vermutlich zurückhalten, sein altes Netzwerk zu pflegen. Fußfesseln seien dann sinnvoll, wenn es nur darum gehe, den Standort zu ermitteln.