Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Im Trüffelparadies
Nirgendwo werden mehr „schwarze Diamanten“geerntet als in der Provinz Teruel
- Teruel ist das, was man eine verschlafene Provinz nennt. Nirgendwo in Spanien leben weniger Menschen pro Quadratkilometer. Auch Touristen verirren sich eher selten in dieses ländliche Gebiet, das zur nordostspanischen Region Aragonien gehört. Dabei birgt Teruel einen der größten Schätze der Gourmetwelt – und das in Massen: den schwarzen Trüffel, der jetzt in der Winterzeit geerntet wird.
Zentrum dieses Trüffelparadieses ist das Dorf Sarrión. Ein Nest mit nur rund 1000 Einwohnern, Europas heimliche Hauptstadt der „schwarzen Diamanten“. Denn dort werden jedes Jahr so viele dieser unter der Erde wachsenden Pilze geerntet wie sonst nirgendwo. Auch Frankreich und Italien sind zwar Trüffelproduzenten, doch dort konzentrieren sich diese Edelpilzkulturen nicht auf einen Ort, sondern wachsen in mehreren Regionen.
Die weitläufigen Steineichenäcker in der Umgebung Sarrións sind die ideale Umgebung für die knolligen Luxusgewächse, die mit bis zu 1000 Euro pro Kilo gehandelt werden. 30 bis 40 Tonnen Trüffel werden hier jedes Jahr eingesammelt und dann in alle Welt verkauft. Manchmal werden riesige Trüffel gefunden, doch ihre durchschnittliche Größe bewegt sich zwischen der einer Traube und einer Kartoffel.
Die Spitzenköche rund um den Globus reißen sich um diesen sehr intensiv schmeckenden Speisepilz, mit dem Soßen oder Pasteten verfeinert werden. Aber in Sarrións Restaurants stehen zum Beispiel auch Spiegeleier mit Trüffelsplittern auf der Speisekarte.
Bester Kunde der spanischen Trüffelbauern ist das Feinschmeckerland Frankreich. Dort stehen jene Verarbeitungsfabriken, die Spanien fehlen. Annähernd 90 Prozent der spanischen Ernte wird an die französische Gourmetindustrie geliefert. „Große Mengen jener Trüffel, die man hier erntet, werden dann als französische Perigord-Trüffel verkauft“, erklärt Julio Perales, Chef des regionalen Anbauverbandes. Perigord ist Frankreichs bekannteste Trüffelregion, aber ohne die spanische Zulieferung könnte die Riesennachfrage nicht befriedigt werden. Frankreichs Trüffelgroßhändler schauten vor dem Jahreswechsel auch auf der Trüffelmesse vorbei, die einmal im Jahr in Sarrión veranstaltet wird. Das Handelstreffen sei inzwischen „das wichtigste in ganz Europa“, sagt Perales. Schon vor Jahrhunderten hatte die kühle und feuchte Provinz Teruel den Ruf, mit ihren steinigen, kalkhaltigen Böden den richtigen Nährboden für wildwachsende Trüffel zu bieten. Die alten Dorfbewohner wussten das und gingen mit Schweinen, denen diese Pilzknollen besonders gut schmecken, im Wald auf Trüffeljagd. Inzwischen haben die Bauern von Sarrión dem Glück ein bisschen nachgeholfen: Sie begannen vor 40 Jahren Steineichen-Keimlinge zu pflanzen, deren Wurzeln mit Trüffelsporen geimpft wurden. Nach zwei Jahren fanden sie die ersten vereinzelten Pilze auf ihren Trüffelplantagen. Nach etwa zehn Jahren konnten sie dann säckeweise Trüffel ernten. Heute wachsen rund um Sarrión bereits auf mehr als 3500 Hektar schwarze Trüffel. Auch andere verschlafene Dörfer in der Umgebung haben inzwischen erkannt, dass sie mit diesen schwarzen Schätzen doch noch eine Zukunft haben und widmen sich nun der Trüffelzucht. Der Gourmetpilz ist heute zum Wirtschaftsmotor der abgelegenen Provinz geworden, auf 10 000 Hektar werden Trüffel kultiviert. Zur Trüffelsuche nehmen die Bauern heute übrigens keine Schweine mehr, sondern abgerichtete Hunde. Die sind noch erfolgreicher beim Schnüffeln. Und sie versuchen nicht, wie die Borstenviecher, einen Teil der Beute gleich aufzufressen.