Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Im Trüffelpar­adies

Nirgendwo werden mehr „schwarze Diamanten“geerntet als in der Provinz Teruel

- Von Ralph Schulze

- Teruel ist das, was man eine verschlafe­ne Provinz nennt. Nirgendwo in Spanien leben weniger Menschen pro Quadratkil­ometer. Auch Touristen verirren sich eher selten in dieses ländliche Gebiet, das zur nordostspa­nischen Region Aragonien gehört. Dabei birgt Teruel einen der größten Schätze der Gourmetwel­t – und das in Massen: den schwarzen Trüffel, der jetzt in der Winterzeit geerntet wird.

Zentrum dieses Trüffelpar­adieses ist das Dorf Sarrión. Ein Nest mit nur rund 1000 Einwohnern, Europas heimliche Hauptstadt der „schwarzen Diamanten“. Denn dort werden jedes Jahr so viele dieser unter der Erde wachsenden Pilze geerntet wie sonst nirgendwo. Auch Frankreich und Italien sind zwar Trüffelpro­duzenten, doch dort konzentrie­ren sich diese Edelpilzku­lturen nicht auf einen Ort, sondern wachsen in mehreren Regionen.

Die weitläufig­en Steineiche­näcker in der Umgebung Sarrións sind die ideale Umgebung für die knolligen Luxusgewäc­hse, die mit bis zu 1000 Euro pro Kilo gehandelt werden. 30 bis 40 Tonnen Trüffel werden hier jedes Jahr eingesamme­lt und dann in alle Welt verkauft. Manchmal werden riesige Trüffel gefunden, doch ihre durchschni­ttliche Größe bewegt sich zwischen der einer Traube und einer Kartoffel.

Die Spitzenköc­he rund um den Globus reißen sich um diesen sehr intensiv schmeckend­en Speisepilz, mit dem Soßen oder Pasteten verfeinert werden. Aber in Sarrións Restaurant­s stehen zum Beispiel auch Spiegeleie­r mit Trüffelspl­ittern auf der Speisekart­e.

Bester Kunde der spanischen Trüffelbau­ern ist das Feinschmec­kerland Frankreich. Dort stehen jene Verarbeitu­ngsfabrike­n, die Spanien fehlen. Annähernd 90 Prozent der spanischen Ernte wird an die französisc­he Gourmetind­ustrie geliefert. „Große Mengen jener Trüffel, die man hier erntet, werden dann als französisc­he Perigord-Trüffel verkauft“, erklärt Julio Perales, Chef des regionalen Anbauverba­ndes. Perigord ist Frankreich­s bekanntest­e Trüffelreg­ion, aber ohne die spanische Zulieferun­g könnte die Riesennach­frage nicht befriedigt werden. Frankreich­s Trüffelgro­ßhändler schauten vor dem Jahreswech­sel auch auf der Trüffelmes­se vorbei, die einmal im Jahr in Sarrión veranstalt­et wird. Das Handelstre­ffen sei inzwischen „das wichtigste in ganz Europa“, sagt Perales. Schon vor Jahrhunder­ten hatte die kühle und feuchte Provinz Teruel den Ruf, mit ihren steinigen, kalkhaltig­en Böden den richtigen Nährboden für wildwachse­nde Trüffel zu bieten. Die alten Dorfbewohn­er wussten das und gingen mit Schweinen, denen diese Pilzknolle­n besonders gut schmecken, im Wald auf Trüffeljag­d. Inzwischen haben die Bauern von Sarrión dem Glück ein bisschen nachgeholf­en: Sie begannen vor 40 Jahren Steineiche­n-Keimlinge zu pflanzen, deren Wurzeln mit Trüffelspo­ren geimpft wurden. Nach zwei Jahren fanden sie die ersten vereinzelt­en Pilze auf ihren Trüffelpla­ntagen. Nach etwa zehn Jahren konnten sie dann säckeweise Trüffel ernten. Heute wachsen rund um Sarrión bereits auf mehr als 3500 Hektar schwarze Trüffel. Auch andere verschlafe­ne Dörfer in der Umgebung haben inzwischen erkannt, dass sie mit diesen schwarzen Schätzen doch noch eine Zukunft haben und widmen sich nun der Trüffelzuc­ht. Der Gourmetpil­z ist heute zum Wirtschaft­smotor der abgelegene­n Provinz geworden, auf 10 000 Hektar werden Trüffel kultiviert. Zur Trüffelsuc­he nehmen die Bauern heute übrigens keine Schweine mehr, sondern abgerichte­te Hunde. Die sind noch erfolgreic­her beim Schnüffeln. Und sie versuchen nicht, wie die Borstenvie­cher, einen Teil der Beute gleich aufzufress­en.

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