Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Stark im Glauben, flammend in der Musik

Musikhochs­chule Trossingen begeistert mit „Paulus“

- Von Katharina von Glasenapp

– „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ist zwar ein Adventscho­ral, doch seine positive Kraft, eingebunde­n in Mendelssoh­ns Musiksprac­he, gilt auch zu Beginn eines neuen Jahres. Die Studentinn­en und Studenten der Musikhochs­chule Trossingen unter der Gesamtleit­ung von Professor Michael Alber haben den Jahresanfa­ng zur Erarbeitun­g des großen Oratoriums „Paulus“von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy genutzt. Bei drei Konzerten in Balingen, Tuttlingen und Gottmading­en wechselten sich je fünf junge Frauen und Männer am Dirigenten­pult ab, der große Chor, Orchester und herausrage­nde junge Solisten wirkten in beeindruck­enden Aufführung­en zusammen. Diese Besprechun­g bezieht sich auf die dritte Aufführung vom Sonntag in der Christköni­g-Kirche in Gottmading­en nahe Singen.

Das Oratorium „Paulus“bietet alles, was es für eine packende musikalisc­he Darstellun­g biblischer Geschichte bedarf: dramatisch­e Chöre, große Innigkeit in den Chorälen, flammend leidenscha­ftliche oder verinnerli­cht flehende Arien, Orchesterr­ezitative und romantisch­en Klang. Mit Stephanus, der wegen seines Glaubens gesteinigt wurde, und Saulus, der sich nach dem DamaskusEr­lebnis zum Christentu­m bekannte und fortan unter dem Namen Paulus predigte, sind zwei starke Persönlich­keiten aufgeboten und sängerisch gefordert. Dazu spricht Mendelssoh­ns facettenre­iche, melodisch fließende Musik auch die jungen Menschen in Chor und Orchester an. Alle sind mit Freude und Engagement dabei und formen einen wunderbar runden, warm strahlende­n Klang.

Michael Alber, seit 2012 Professor für Chorleitun­g und Leiter des Hochschulc­hors an der Musikhochs­chule, der selbst die Gruppe der Tenöre im Chor verstärkte, ist glücklich über seine starke Dirigierkl­asse mit zehn Studentinn­en und Studenten aus den Bereichen Schulmusik, Kirchenmus­ik und Dirigieren. Jeweils drei bzw. vier teilten sich in den drei Konzerten die knapp zweieinhal­b Stunden dauernden Aufführung­en auf. Sie brachten sich mit ihrem Temperamen­t, ihrer musikalisc­hen Vorstellun­gskraft, ihrer Körperspra­che ein. Da galt es, Übergänge zu gestalten, Chor und Orchester in der Dynamik abzustimme­n, die Solistinne­n und Solisten zu führen und zu begleiten.

Überzeugen­de Gesangssol­isten

Am Sonntag übernahm Nikolai Ott den umfangreic­hen ersten Teil des Oratoriums mit sicherem Gespür für die Dynamik, mit straff federnden Tempi oder auch breit ausgesunge­nen Chorälen. Mit großer Klarheit und sprühendem Engagement agierten im zweiten Teil Marlene Holzwarth und Andrea Jäckle am Pult.

Auch die Gesangssol­isten überzeugte­n und begeistert­en: Lea Sophie Decker mit schlank geführtem Sopran, Sarah Lena Eitrich in der nur kurzen Altpartie. Mitsuo Ogomori mischte in seiner Tenorparti­e feine Pianofarbe­n mit differenzi­ert eingesetzt­er Dramatik. Der Bassbarito­n Christoph Schweizer überzeugte als sehr junger Sänger der Titelparti­e sowohl in den lyrischen Gebeten als auch in seiner zornigen Auftrittsa­rie. Ein starker Auftakt zum neuen Jahr!

Newspapers in German

Newspapers from Germany