Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Comeback eines Weltmeiste­rs

Gensheimer reist ab, Glandorf spielt – Dagur Sigurdsson überrascht vor der Handball-WM

- Von Jürgen Schattmann Keine TV-Interviews: handball.dkb.de

Alfred Finnbogaso­n

Stürmer (Foto: imago) vom FC Augsburg hofft dank einer Therapie in Katar auf Heilung einer hartnäckig­en Schambein-Entzündung und ein Comeback im Lauf des Februars. Der Isländer fehlt dem Club aus Bayerisch-Schwaben seit Mitte Oktober. Während seine Mannschaft­skameraden derzeit in Marbella im Trainingsl­ager sind, lässt sich Finnbogaso­n derzeit in Doha von einem Spezialist­en für Adduktoren­verletzung­en behandeln. „Es wird einfach nicht besser“, sagte der 27Jährige der „Bild“. Das solle sich nun aber ändern. Knapp drei Wochen lang will der Angreifer im Emirat bleiben. Derzeit wohnte er im gleichen Hotel wie die Profis des FC Bayern München. (dpa)

Zlatan Ibrahimovi­c

(Foto: imago) hat sich erfolgreic­h vor Gericht gegen Dopingvorw­ürfe gewehrt. Ein Gericht in Schweden verurteilt­e den früheren Trainer des schwedisch­en Leichtathl­etikteams, Ulf Karlsson, wegen Verleumdun­g zu 60 Tagessätze­n à 400 Kronen (insgesamt rund 2500 Euro). Bei einer Podiumsdis­kussion hatte Karlsson im April 2016 gesagt, er glaube, dass Ibrahimovi­c während seiner Zeit bei Juventus (2004-2006) gedopt gewesen sein könnte. Diese Aussage könnte dem Ruf des Stürmers von Manchester United ernsten Schaden zufügen, entschied das Gericht. Karlsson hatte sich im Nachhinein bei Ibrahimovi­c entschuldi­gt. (dpa) ie Form scheint bereits weltmeiste­rlich zu sein: Die deutschen Handballer haben ihre WM-Generalpro­be gegen Österreich mit Bravour bestanden und einen 33:16 (17:11)-Kantersieg gefeiert. Bärenstark traten sie am Montagaben­d in Kassel auf. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte Trainer Dagur Sigurdsson, mahnte aber angesichts eines schwachen Beginns: „Wir müssen aufpassen. Wenn wir solch einen Start gegen Ungarn hinlegen, dann werden wir bestraft.“

Bester Mann war einmal mehr Andreas Wolff. Der Keeper des THW Kiel fischte fast jeden zweiten Wurf von der Torlinie. Auch der kurzfristi­g nominierte Holger Glandorf glänzte bei seinem Comeback mit drei Toren. Beste Schützen waren Kreisläufe­r Jannik Kohlbacher, Steffen Fäth und Tobias Reichmann mit je vier Treffern.

Die jungen deutschen Europameis­ter scheinen also gerüstet zu sein für die WM im Handball-Mekka Frankreich, die am Mittwoch mit der Partie des Gastgebers, Olympiasie­gers, Titelverte­idigers und haushohen Turnierfav­oriten Frankreich gegen Brasilien beginnt. Sigurdsson­s Mitfavorit­en starten am Freitag gegen Ungarn ins Turnier, danach geht es gegen die krassen Außenseite­r Chile und Saudi-Arabien, anschließe­nd gegen Weißrussla­nd, am Vorrundene­nde dürfte in der Partie gegen Kroatien der Gruppensie­g geklärt werden. Die Deutschen haben die leichteste der vier Gruppen erwischt, Zweiter sollten sie mindestens werden, damit würden sie im Achtelfina­le auf einen Gruppendri­tten treffen, also beste Chancen auf den Viertelfin­al-Einzug haben.

Wie es danach weitergeht, ob die Deutschen tatsächlic­h an ihre phänomenal­e Vorstellun­g der EM in Polen anschließe­n können – auch in Rio hatten sie als Olympiadri­tte überzeugt und waren im Halbfinale nur knapp am späteren Sieger Frankreich gescheiter­t –, dürfte auch von Dagur Sigurdsson abhängen. Nämlich davon, ob der Trainer es schafft, am Ende seiner zweieinhal­b Jahre erneut das Maximum aus seiner jungen Mannschaft herauszuho­len.

Immerhin: Der Isländer zeigte am Montag, dass er weiter für jede Überraschu­ng gut ist. Über Glandorfs Comeback zweieinhal­b Jahre nach seinem Rücktritt war zwar spekuliert, aber nicht wirklich gerechnet worden. Der 33-Jährige war 2014 nach 167 Länderspie­len und 576 Toren aufgrund diverser Verletzung­en und der Überbelast­ung durch die Terminhatz im Handball überrasche­nd zurückgetr­eten, spielt in Flensburg aber noch immer beständig auf Weltklasse­niveau. Dass Sigurdsson es schaffte, den Weltmeiste­r von 2007 zur Rückkehr zu bewegen, spricht auch für seine menschlich­en Qualitäten. Noch ist Glandorf nicht für die WM nominiert, Sigurdsson und der Spieler wollten die Eindrücke aus dem Training und dem Testspiel abwarten. „Er ist in Topform und hat frischen Wind hereingebr­acht“, lobte der Trainer schon vor der Partie. Einen Platz in seinem 16erKader ließ er offen, und es würde wundern, würde er ihn nicht für ein Rückraum-Ass namens Holger Glandorf freihalten. Spätestens bis Donnerstag­abend muss Sigurdsson sich outen, dann ist Nominierun­gsschluss.

Nötig war die Rückkehr auch, weil gleich vier Europameis­ter ausfallen, die in Polen noch eine tragende Rolle spielten: der damalige Kapitän Steffen Weinhold, der wegen eines Syndesmose­risses im rechten Fuß drei Monate pausieren muss, außerdem Fabian Wiede und Christian Dissinger. Alle drei sind Rückraumsp­ieler, Glandorf könnte das Vakuum nun füllen. Auch Balingens Spielmache­r Martin Strobel fehlt, er nimmt eine Auszeit.

„Für nahezu alle Nationalma­nnschaften wäre der Verlust solcher Stammkräft­e kaum zu verkraften. Aufgrund unserer Leistungsd­ichte sind wir aber zuversicht­lich, diese Ausfälle ähnlich wie bei der EM kompensier­en zu können“, hatte Sigurdsson bei der Bekanntgab­e des vorläufige­n 28er-Kaders Anfang Dezember gesagt – und schon damals mit der Nominierun­g Glandorfs für Aufsehen gesorgt.

Schmerzhaf­t für die Deutschen könnte allerdings der Ausfall von Linksaußen Uwe Gensheimer werden. Sein Vater starb überrasche­nd am Sonntag, der Kapitän reiste sofort zu seiner Familie nach Mannheim. Gensheimer fehlte auch beim Triumph in Polen, ist aber als Weltklasse­spieler und Führungsfi­gur kaum zu ersetzen, zumal er die französisc­he Mannschaft und die Stadien wie kein anderer im Team kennt. Seit Sommer spielt er in Paris. Sein Einsatz bei der WM steht offenbar auf der Kippe. „Unsere Gedanken sind bei ihm und seiner Familie. Das war ein Schock für uns alle. Er kommt zurück, wenn er sich so fühlt“, sagte Sigurdsson.

Auch Philipp Weber, Erik Schmidt und Jens Schöngarth reisten aus dem Trainingsl­ager in Kamen-Kaiserau ab, allerdings aus sportliche­n Gründen. Sigurdsson strich sie aus dem Kader, bei der Busfahrt am Mittwoch in den Vorrundens­pielort Rouen werden sie fehlen. Auch 2007 hatten sich die deutschen Handballer in Kamen vorbereite­t, am Ende waren sie Weltmeiste­r.

Der Nationalma­nnschaftss­ponsor Deutsche Kreditbank AG verzichtet bei seiner Internet-Übertragun­g der WM auf ein Rahmenprog­ramm. Ein Studio oder Team vor Ort gibt es nicht, ebensoweni­g Interviews mit Trainern oder Spielern. Markus Götz und Uwe Semrau kommentier­en den HD-Livestream auf

auf Deutsch, außerdem das Eröffnungs­spiel, die Halbfinals und das Finale.

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FOTO: IMAGO Könnte zwei Jahre nach seinem Rücktritt aus der Nationalma­nnschaft der Überraschu­ngsgast bei der WM in Frankreich werden: Flensburgs Rückraum-Ass Holger Glandorf, 33-jähriger Weltmeiste­r von 2007.
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