Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Für die Bauern wird es besser als 2016“

Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU) über Tierwohl-Label und Agrarexpor­te

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- Das Jahr 2017 werde für die deutschen Bauern aller Voraussich­t nach besser als 2016, sagt Christian Schmidt (CSU), Bundesmini­ster für Ernährung und Landwirtsc­haft, im Gespräch mit Rasmus Buchsteine­r. Auf der Grünen Woche in Berlin will Schmidt die Eckdaten für das staatliche Tierwohl vorstellen.

Sie wollen ein staatliche­s Tierwohl-Label einführen. Was macht Sie so sicher, dass die Verbrauche­r bereit sind, mehr für Fleisch und Wurstwaren zu zahlen?

Es gibt eine ernsthafte Bereitscha­ft der Verbrauche­r, für mehr Tierwohl auch einen höheren Preis zu bezahlen. Wie unser Ernährungs­report gezeigt hat, sind 88 Prozent der Deutschen bereit, mehr für Lebensmitt­el zu zahlen, wenn Tiere dafür besser gehalten werden. Ziel ist es aber nicht, ein Premium-Luxus-Label einzuführe­n. Das ist nicht die Aufgabe des Staates. Wir wollen mit dem Label in die Breite der Tierhaltun­g wirken und ein Angebot für möglichst viele Verbrauche­r schaffen. Unser Ziel ist es, dass sich auch Gastronomi­e, Großverpfl­egung, Handwerk und Verarbeitu­ngsindustr­ie beteiligen.

Wann kommt denn das neue Label?

Ich werde auf der Grünen Woche meinen Fahrplan und die Eckdaten für das Label präsentier­en. Die Gespräche mit allen Beteiligte­n sind gut gelaufen. Ich möchte die gute Substanz der bereits bestehende­n Branchenin­itiative Tierwohl erhalten und nutzen. Mein Ziel ist, dass wir spätestens 2018 mit dem Label an den Start gehen.

Wird es allein für Frischflei­sch gelten?

Das Label kann und soll auch für verarbeite­te Produkte genutzt werden, also für Fertiggeri­chte und Wurst. Beginnen werden wir mit Schweinen und Mastgeflüg­el.

Ein Schwein muss heutzutage 0,75 Quadratmet­er Platz im Stall haben. Ist das für Sie Tierwohl?

Es geht um eine tiergerech­te Haltung. Da müssen die Bedingunge­n klar sein. Wir haben zum einen die gesetzlich festgeschr­iebenen Mindeststa­ndards. Und daneben wird es das Tierwohl-Label geben. Dabei werden die Anforderun­gen des Tierwohl-Labels, zum Beispiel beim Platz, den die Tiere im Stall haben, über die gesetzlich­en Standards hinausgehe­n.

Und dann wird das Kilo Schweineha­ck für 3,40 Euro oder Gulasch für 4,99 Euro Geschichte sein?

Natürlich kann es mehr Tierwohl nicht zum Nulltarif geben. Aber anders als zum Beispiel mit Strafsteue­rn auf Fleisch, erreichen wir mit den Mehreinnah­men aus dem Label auch wirklich Fortschrit­te beim Tierwohl.

Verstehen Sie die Aufregung über Ihre Forderung, Bezeichnun­gen wie vegetarisc­he Currywurst oder veganes Schnitzel zu verbieten?

Ich freue mich, dass ich eine intensive Debatte angestoßen habe. Und die Reaktionen waren überwiegen­d positiv. Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe. Die Verbrauche­r wollen Klarheit und Wahrheit. Deshalb sollten auch neue Produkte – wie vegane Lebensmitt­el, die herkömmlic­he Fleischpro­dukte nachempfin­den, eine eigene klare und eindeutige Kennzeichn­ung haben. Wo Fleisch draufsteht, muss auch Fleisch drin sein.

Müsste man dann nicht auch Bezeichnun­gen wie „alkoholfre­ies Bier” verbieten?

Das alkoholfre­ie Bier ist Bier, aber das vegetarisc­he Fleisch kein Fleisch.

Es wird ja auch nicht Fleisch genannt, sondern Schnitzel ...

Noch einmal: Wir brauchen klare Bezeichnun­gen. Bei der veganen Putenbrust hört es für mich auf. Denken wir das Thema weiter: Wenn Fleisch-Ersatzstof­fe künftig billiger sind als Fleisch, könnten wir ein echtes Problem bekommen. Dann besteht die große Gefahr der Verbrauche­rtäuschung. Beim Analogkäse haben sich darüber zu recht viele Menschen aufgeregt. Mein Ziel ist die größtmögli­che Wahlfreihe­it für die Verbrauche­r und dazu brauchen wir eine klare Kennzeichn­ung. Deshalb setze ich mich – übrigens auch im Sinne der Veganer-Verbände – für eine klare Kennzeichn­ung von veganen Produkten ein.

Die Grüne Woche, die große Leistungss­chau der Landwirtsc­haft, startet in Berlin. Wird 2017 ein gutes Jahr für die deutschen Bauern?

Aller Voraussich­t nach wird es jedenfalls besser als 2016. Die Erzeugerpr­eise haben deutlich angezogen. Das gilt sowohl für die Milch als auch für Schweinefl­eisch. Die Entwicklun­g wird sich hoffentlic­h auch bei Getreide und Früchten fortsetzen. Der Export wird bei stagnieren­der Nachfrage immer wichtiger für den Erhalt unserer Land- und Ernährungs­wirtschaft. Daher kümmere ich mich besonders um eine Verbesseru­ng der Bedingunge­n für den Export. Leider gibt es beim Thema Agrarexpor­te immer noch die gleichen, alten Reflexe der Kritik. Unsere Exporte sind absolut zu verantwort­en. Wir zahlen schon lange keine Exportsubv­entionen mehr. Auch zerstören die Exporte keine bäuerliche­n Strukturen in Entwicklun­gsländern.

Ein besseres Jahr für die Bauern mit höheren Preisen – ist das für die Verbrauche­r nicht eine schlechte Nachricht?

Wir sind bei den Preisen wieder da, wo wir über Jahre hinweg waren. Wichtig ist, dass unsere Bauern auch von ihrer Arbeit leben können. Das war zum Beispiel während der Milchkrise nicht immer der Fall. Grundsätzl­ich gilt: Hochwertig­e Lebensmitt­el haben ihren Preis und die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r sind bereit ihn zu bezahlen. Und wir müssen bei Lebensmitt­eln dringend weg vom Wettbewerb über den Preis hin zum Wettbewerb über die Qualität.

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FOTO: DPA „ Unsere Exporte sind absolut zu verantwort­en“: Minister Christian Schmidt ( CSU).

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