Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zugestochen aus Hass und Verachtung gegen den Glauben
Freiburger Student muss sich wegen Mord an seiner religiösen Mitbewohnerin verantworten
(dpa) - Kontakte zu Menschen sind ihm ein Graus, seine Leidenschaft sind gewaltverherrlichende Videospiele und entsprechende Filme. Sein Zimmer in der Studentenwohngemeinschaft in Freiburg hat er kaum verlassen, meist saß er vor dem Bildschirm. Es ist ein düsteres Bild, das der Mordprozess zeichnet. Vor dem Landgericht muss sich seit Donnerstag ein junger Mann verantworten. Er gibt zu, vor fünf Monaten seine 31 Jahre alte Mitbewohnerin erstochen zu haben. Sein Motiv: die Religiosität der Frau. Dafür habe er Hass und Verachtung empfunden.
Der 25-Jährige wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Im vergitterten Krankenwagen ist er nach Freiburg gebracht worden – wegen Suizidgefahr ist er seit seiner Festnahme im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg untergebracht. Im Gericht sitzt er der Familie der Getöteten gegenüber, sie ist als Nebenkläger dabei. Über seinen Anwalt lässt der Angeklagte erklären, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zutreffen. Fragen zur Tat will er nicht beantworten, Angaben zu seiner Person macht er nur stockend.
Der Fall hat sich im August vergangenen Jahres ereignet. Das 31-jährige Opfer war neun Tage zuvor in die WG gezogen. Sie war Christin und kirchlich aktiv. Ihr einziger Mitbewohner, der Angeklagte, habe des- halb schon vor der tödlichen Tat zweimal Streit mit der Frau gesucht, sagt der Staatsanwalt. Am Tattag stürmte er ins Zimmer der Frau, fragte sie nach ihrem Standpunkt zur gleichgeschlechtlichen Ehe und stach dann zu. In der Hosentasche habe er ein Messer versteckt gehabt. Die auf dem Bett sitzende Frau hatte keine Chance, sagt der Staatsanwalt. Sie flüchtete ins Treppenhaus, dort stach ihr der Mitbewohner mehrfach in den Rücken. Die Studentin starb noch am Tatort.
Gegenüber der Polizei hat sich der Angeklagte als „Antitheist“bezeichnet, er lehne also jeden Glauben ab. Zum Studieren sei er vor vier Jahren nach Freiburg gekommen, sagt er vor Gericht. Doch das Studium gab er schon nach kurzer Zeit auf. Stattdessen habe er die meiste Zeit im Zimmer verbracht. Entsprechende Videospiele und Filme fand die Polizei auf seinem Computer.
Auf der Anklagebank berichtet er von Tötungs- und Suizidgedanken. Freunde hatte er nach eigener Aussage nie, seinem katholischen Glauben habe er im Alter von 13 Jahren nach Kommunion und Firmung sowie nach Lektüre der Bibel den Rücken gekehrt. Gegenüber einem Sachverständigen hat er die Romanfigur des kannibalistischen Serienmörders Hannibal Lecter aus dem Kinofilm „Das Schweigen der Lämmer“als Vorbild genannt.