Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Wer weiterfähr­t, macht sich strafbar“

Uwe Krause vom Polizeiprä­sidium Ulm über das Verhalten nach einem Bagatellun­fall

- Mehr Infos www. gib- acht- im- verkehr. de

- Freitagabe­nd, 19 Uhr: Feierabend – jetzt schnell ins Auto, ab nach Hause und das Wochenende genießen. Doch im Auto stellt man fest, der Vordermann parkt ziemlich dicht am eigenen Fahrzeug. Ein Kontrollbl­ick schafft Gewissheit: Das Auto wurde angerempel­t – was tun? SZ-Redaktions­mitglied Michael Kroha hat mit Uwe Krause, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Ulm, verschiede­ne Parkremple­r-Szenarien durchgespr­ochen:

Ich komme zu meinem Fahrzeug und stelle einen Schaden fest. Der vermeintli­che Unfallveru­rsacher und dessen Auto sind aber nicht mehr am Unfallort. Was soll ich tun?

Kann der Fahrer nicht auf Anhieb ausfindig gemacht werden, sollte die Polizei auf jeden Fall angerufen werden, denn bei Unfallfluc­ht handelt es sich um eine Straftat. Handelt es sich um einen Bagatellun­fall und es liegen keine Fahrzeugte­ile, Lacksplitt­er oder andere Spuren am Unfallort vor, kann man als geschädigt­er Autobesitz­er zur Polizei fahren und dort Anzeige wegen Unfallfluc­ht erstatten. Am besten macht man vor dem Wegfahren noch Fotos von der Unfallstel­le. Wer sich nicht sicher ist, sollte von der Unfallstel­le aus die Polizei anrufen und das weitere Vorgehen abstimmen. Bei größeren Schäden und bei Unfällen mit Verletzten muss die Polizei sofort informiert werden.

Welche Folgen kann das für den Unfallflüc­htigen haben?

Auch bei einem geringen Sachschade­n hat ein Unfallveru­rsacher die Pflicht, sich um die Regulierun­g des Schadens zu kümmern. Wer einfach weiterfähr­t, macht sich strafbar. Und das kann um ein Vielfaches teurer werden als die Reparatur einer Delle. Unfallfluc­ht ist kein Kavaliersd­elikt. Geldstrafe­n, Fahrverbot­e, in schweren Fällen auch Führersche­inentzug und Freiheitss­trafe drohen.

Was passiert, wenn der Unfallflüc­htige sagt, er habe den Zusammenst­oß nicht bemerkt?

Das sind meistens Ausreden. Als Autofahrer bemerkt man auch einen leichten Aufprall sowie die Kratzer oder andere Beschädigu­ngen am eigenen Auto. Bei der Aufnahme und der Unfallsach­bearbeitun­g prüfen wir, ob der Zusammenst­oß, das Ruckeln oder das Geräusch vom Unfallveru­rsacher hätte bemerkt werden müssen. Im Bedarfsfal­l schalten wir einen Sachverstä­ndigen ein, der so etwas feststelle­n kann. Nach jeder Unfallfluc­ht suchen wir Zeugen, zum Teil auch über Pressemitt­eilungen. Die Angaben von Unfallzeug­en haben schon so manche Ausrede widerlegt.

Ich komme zu meinem Fahrzeug und stelle einen Schaden fest. Das andere am Unfall beteiligte Fahrzeug steht noch am Unfallort, der Fahrer ist aber nicht anzutreffe­n.

Auch hier sollte die Polizei auf jeden Fall verständig­t werden. Hier kann ebenso Unfallfluc­ht vorliegen. Der mutmaßlich­e Unfallveru­rsacher könnte zum Beispiel alkoholisi­ert gewesen sein oder unter Drogeneinf­luss gestanden haben. Er könnte aber auch zuvor bei der Polizei angerufen haben und sucht nun den anderen Fahrzeugha­lter.

Was mache ich, wenn der Unfallveru­rsacher anfangs sagt, dass er schuldig sei, dann aber in Anwesenhei­t der Polizei die Schuld abstreitet?

Wenn die Unfallursa­che klar ist, niemand verletzt wurde und keine Straftat vorliegt, spricht nichts gegen eine Schadensre­gulierung zwischen den Beteiligte­n. Um nachträgli­che Meinungsve­rschiedenh­eiten zu vermeiden, sollte man nach Möglichkei­t vor Ort Zeugen feststelle­n, Fotos machen und die Formblätte­r von Versicheru­ngen nutzen.

Wie verhalte ich mich als Zeuge eines Unfalls?

Jemand, der einen Unfall beobachtet hat, sollte sich als Zeuge zu erkennen geben und den Beteiligte­n seine Per- sonalien nennen. Zeugen von Unfallfluc­hten, schweren Unfällen oder anderen bedeutende­n Vorfällen sollten so schnell wie möglich mit der Polizei Kontakt aufnehmen.

Was muss ich tun, wenn ich mit meinem Fahrzeug ein anderes beschädige?

Ein Zettel reicht nicht aus. Rufen Sie die Polizei an und erklären Sie die Situation. Dann sind Sie Ihrer Pflicht nachgekomm­en und der Unfall ist aktenkundi­g. Die Polizei wird den Unfall dann vor Ort aufnehmen und den betroffene­n Fahrzeugbe­sitzer ausfindig machen und informiere­n.

Wenn ich aber dringend zum Flughafen muss und keine Zeit habe?

Natürlich gibt es sogenannte Rechtferti­gungsgründ­e. Doch die Beurteilun­g dieser Gründe obliegt dem Gericht. Das kann manchmal ein schmaler Grat sein. Man sollte deshalb schauen, dass man immer die Polizei benachrich­tigt. Die Beamten am Telefon besprechen dann das weitere Vorgehen.

zum Verhalten im Straßenver­kehr gibt die Polizei im Internet unter:

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FOTO: SYMBOL/ IMAGO Angerempel­t: Auch bei einem geringen Schaden muss sich ein Unfallveru­rsacher um die Regulierun­g kümmern.
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FOTO: POLIZEI Polizeispr­echer Uwe Krause

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