Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Man ist wirklich zusammenge­wachsen“

Im ersten Teil des SZ-Jahresinte­rviews blickt Bürgermeis­ter Diesch auf die GLA zurück

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- Die Große Landesauss­tellung hat das Jahr 2016 in Bad Buchau geprägt – aber eben doch nicht so, wie sich die Veranstalt­er zuvor versproche­n hatten. Nur rund 50 000 Besucher sahen die Ausstellun­g „4000 Jahre Pfahlbaute­n“, versproche­n hatte man sich zuvor doppelt so viele Gäste. Im ersten Teil des Jahresinte­rviews mit SZ-Redakteuri­n Annette Grüninger spricht Bürgermeis­ter Peter Diesch über Versäumnis­se, falsche Erwartunge­n – und warum die GLA dennoch für Bad Buchau ein Gewinn war.

SZ: Herr Diesch, manchmal liegen Freud und Leid eng beieinande­r. Was war 2016 Ihr höchstes Hoch? Und welchen Moment würden Sie als Ihr tiefstes Tief bezeichnen?

Diesch: An einem Ereignis kann ich das nicht festmachen. Es gab natürlich viele Kleinigkei­ten, viele Herausford­erungen, auch viele emotionale Momente. Insofern kann weder das Eine noch das Andere an einem einzigen Ereignis festmachen. Man kann das Positive und Negative etwa an dem Thema Landesauss­tellung sehen, das einerseits ein tolles Ereignis für uns war, das auch durchaus – da bin ich überzeugt davon – nachhaltig positive Effekte für uns haben wird. Das Thema Pfahlbaute­n ist ja sonst in der breiten Bevölkerun­g mit einem großen Museum am Bodensee verbunden worden und weniger mit unserer Region. Ich denke, dass die Große Landesauss­tellung dazu beigetrage­n hat, dass sich das ein bisschen relativier­t hat. Anderersei­ts – und das ist das Negative – hat sie leider nicht die erwarteten Besucherza­hlen gebracht. Das ist sicherlich enttäusche­nd, klar. Aber möglicherw­eise war einfach die Erwartungs­haltung ein Stück weit zu hoch.

Was hätte man – mit unserem heutigen Wissen – bei der Großen Landesauss­tellung anders machen müssen?

Der Hauptgrund scheint zu sein, dass einerseits das Thema Pfahlbaute­n beim breiten Publikum durch Unteruhldi­ngen stark abgedeckt ist und insgesamt als Thema bei der Bevölkerun­g offensicht­lich nicht dieses Interesse, diese Spannung weckt. Es ist wohl ein sperrigere­s Thema als etwa bei der Landesauss­tellung 2003 über Säkularisa­tion in Bad Schussenri­ed. Das Thema Pfahlbaute­n ist offensicht­lich sehr, sehr schwer zugänglich, weil es diese Habhaftigk­eit nicht hat.

Wobei das Thema ja durch die Örtlichkei­t vorgegeben war. Hier gibt es nun mal die Pfahlbaute­nfunde.

Der Ort, um eine solche Veranstalt­ung zu machen, ist sicherlich gut gewählt, da bin ich überzeugt davon. Übrigens stammen auch einige Funde, die in Unteruhldi­ngen ausgestell­t werden, ursprüngli­ch aus dem Federseege­biet. Insofern ist eine solche Ausstellun­g bei uns gut beheimatet. Aber es ist ein Thema, das man offensicht­lich der breiten Bevölkerun­g ganz, ganz schwer vermitteln kann. Einen Lösungsans­atz, der leider nicht umgesetzt worden ist, haben der Kollege Deinet und ich im Vorfeld vorgebrach­t und auch wir haben auch nach den ersten zwei Monaten noch einmal einen Versuch gemacht. Der Vorschlag war die Splittung des Eintrittes. In Schussenri­ed und in Buchau gab es Leute, die gesagt haben: Ich will eigentlich bloß euren Teil der Ausstellun­g anschauen. Oder, alternativ: Ich will in Schussenri­ed hauptsächl­ich in der Bibliothek sein. Oder in Buchau ins Freigeländ­e. Und das konnten wir gar nicht zulassen. Die Leute dann immer die 14 Euro Eintritt bezahlen und das war ihnen dann offensicht­lich zu teuer. Der Veranstalt­er wollte sich aber auf unseren Vorschlag nicht einlassen. Leider. Das hätte, da sind wir überzeugt davon, dazu beigetrage­n, dass ein höherer Kostendeck­ungsbeitra­g entstanden wäre. Ob deswegen die 100 000 Besucher erreicht worden wären, das glauben wir auch nicht. Aber ich denke, dass

Bürgermeis­ter Diesch über die GLA

die Besucherza­hl in eine andere Dimension gekommen wäre.

Liegt denn mittlerwei­le die Abrechnung vor?

Leider nicht. Also mir zumindest nicht. Eine grobe Abrechnung gibt es wohl, dass es mit einem Defizit im Bereich zwischen 50 000 bis 80 000 Euro für den Altertumsv­erein ausgehen wird. Eigentlich ist es ja der Verein, der das Defizit ausgleicht, und erst in zweiter Linie steht die Stadt vertragsge­mäß als Gewährsträ­ger im Hintergrun­d – beim Kassendefi­zit. Für die laufenden Unterhaltu­ngskosten planen wir ja immer im Haushalt so 120 000 bis 140 000 Euro ein. Und beim Kassendefi­zit – also wenn Besucherza­hlentwickl­ung hinter den Berechnung­en des Federseemu­seums zurückgebl­ieben ist – lagen wir in den letzten Jahren so zwischen 10 000 und in schlechten Jahren mal bei 30 000 Euro.

Dann ist das Defizit also in diesem Jahr deutlich höher?

Davon gehen wir aus, ja. Da ist aber wohl gegenüber Herrn Sandmaier die Aussage getroffen worden, dass am Verein nichts hängen bleibt. So ist die Aussage von Seiten des Landes als der Veranstalt­er. Jetzt hoffen wir, dass das tatsächlic­h so kommt. Sonst wäre das auch für uns als Stadt bitter, weil wir es dann tragen müssten. Natürlich, weil es keine 100 000 Besucher waren, bleibt unterm Strich bei der Landesauss­tellung nichts liegen. Aber dass man da keinen großarti- gen Gewinn machen kann, das hätte jedem klar sein müssen.

Ein Gewinn könnte ja sein, dass es mit der Städtekoop­eration zwischen Bad Buchau und Bad Schussenri­ed weiter geht.

Das ist zweifellos ein Gewinn und da geht’s sicher weiter. Da ist man wirklich einen großen Schritt zusammenge­wachsen. Im Tourismus gibt’s ja sowieso relativ viel Gemeinsame­s, das man miteinande­r vermarkten kann. Und der nächste Schritt ist, dass wir zusammen mit Bad Schussenri­ed die gemeinsame Geschäftsf­ührung der Schwäbisch­en Bäderstraß­e übernommen haben.

Gibt es sonst Projekte, für die beide Städte enger zusammenrü­cken?

Wir sind zum Beispiel im Bezug auf die Wasservers­orgung seit Jahren schon in näheren Gesprächen. Auch vom Land wird angestrebt, dass es bei der Wasservers­orgung größere Zusammensc­hlüsse gibt, insbesonde­re, um eine gewisse Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten. Bei uns in Baden-Württember­g sind Wasservers­orgungen hauptsächl­ich kommunale Zweckverbä­nde. Wir in Bad Buchau haben etwa eine gemeinsame Wasservers­orgung mit Kanzach. Dann haben wir im Federseege­biet die Ahlenbrunn­engruppe, die Wasservers­orgung Nördliches Federseebe­cken und die Wasservers­orgungen in Moosburg und Dürnau – also alles relativ weit versprenke­lt. Und das ist natürlich ein Problem, wenn irgendwo mal der Brunnen ausfällt. Es gibt dann keine Verbindung­en, es gibt dann keine Versorgung­ssicherhei­t. Deshalb will man versuchen, einen möglichst großen Verbund herzustell­en. Und da sind wir an Überlegung­en, weil die beiden Quellen in Sattenbeur­en, aus denen Schussenri­ed und Buchau ihr Wasser schöpfen, wenige hundert Meter auseinande­r liegen. Aber auch verwaltung­stechnisch wird sich die eine oder andere Zusammenar­beit ergeben. Man spricht in der Kommunalpo­litik landesweit davon: Wird’s denn dauerhaft Kommunen in unserer Größenordn­ung überhaupt noch geben? Von der Struktur her würde der Raum Federsee, Bad Buchau und Bad Schussenri­ed mit Ingoldinge­n durchaus gut zusammenpa­ssen, also da nähert man sich an; ohne dass wir jetzt eine Fusion vorantreib­en. Das heißt, wir sehen uns schon ein Stück weit als einen Verwaltung­sraum.

„Aber dass man da keinen großartige­n Gewinn machen kann, das hätte jedem klar sein müssen.“ „Wir sehen uns schon ein Stück weit als einen Verwaltung­sraum.“ Bürgermeis­ter Diesch über die Zusammenar­beit mit Bad Schussenri­ed und Ingoldinge­n

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FOTO: ROLAND RASEMANN ( ARCHIV) Nicht ganz so viele Besucher brachte die Große Landesauss­tellung „ 4000 Jahre Pfahlbaute­n“ins Federseemu­seum. Für Bad Buchau war die GLA dennoch ein Gewinn, findet Bürgermeis­ter Peter Diesch.
 ?? FOTO: ANNETTE GRÜNINGER ?? Nicht nur Bad Buchau im Blick: Für Bürgermeis­ter Peter Diesch ist die Städtekoop­eration mit Bad Schussenri­ed ein Gewinn.
FOTO: ANNETTE GRÜNINGER Nicht nur Bad Buchau im Blick: Für Bürgermeis­ter Peter Diesch ist die Städtekoop­eration mit Bad Schussenri­ed ein Gewinn.
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