Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Andere Sensibilität als ein Marktplatz“
Landes-Datenschutzbeauftragter sieht Webcam im Hallenbad kritisch
- Die Stadtwerke Biberach haben ihre Hallenbad-Webcam nach der Beschwerde eines Privatmanns abgeschaltet. Dieser sieht darin einen Verstoß gegen Datenschutz (SZ berichtete). Auch Stefan Brink, Datenschutzbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, sieht den Betrieb der Kamera kritisch, wie er in einem Telefonat mit der SZ mitteilt.
Wie berichtet, haben die Stadtwerke die Kamera diese Woche abgeschaltet, nachdem ein Privatmann aus Aachen sie darüber informiert hatte, dass es ihm gelungen sei, auf den Livestream der Webcam zuzugreifen. Das hatte auch die Stadtwerke überrascht, die bislang davon ausgegangen waren, dass lediglich unscharfe Standfotos der Kamera auf der Internetseite der Stadtwerke zu sehen seien. Gedacht war dies als Service für die Badegäste, um sich online über die Belegung des Schwimmbeckens informieren zu können. Jetzt ist die Kamera erst einmal abgeschaltet. Die Stadtwerke wollen mit dem Landes-Datenschutzbeauftragten klären, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen sie wieder in Betrieb genommen werden kann.
Brink sagt, dass seine Behörde bei Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft, wie einem städtischen Hallenbad, nur beratend tätig werden könne. „Eine Entscheidung, ob die Kamera betrieben werden darf oder nicht, dürfen wir in diesem Fall nicht treffen.“Man werde die Stadtwerke bei diesem Thema aber gerne unterstüt- zen.
Generell beurteilt der Datenschutzbeauftragte des Landes Kameras in Schwimmbädern aber kritisch. „Ein Schwimmbad hat eine andere Sensibilität als ein Marktplatz oder ein Bahnhof“, sagt Brink. Ein Hallenbad sei ein Bereich, in dem Freizeitgestaltung stattfinde. „Wir als Datenschützer legen besonderen Wert darauf, dass es gerade dort keine Videoüberwachung gibt. Deshalb sind wir auch gegen derartige Kameras in Gaststätten“, so der Landes-Datenschutzbeauftragte.
Brink verweist im Übrigen auch auf den aus seiner Sicht gravierenden Unterschied, ob eine Kamera ihre Bilder nur innerhalb des Hallenbads überträgt, beispielsweise zur Sicher- heit der Badegäste auf einen Monitor beim Bademeister oder ob die Bilder via Internet weltweit einsehbar sind.
Webcams seien zwischenzeitlich in immer mehr Lebensbereichen anzutreffen, ob an Aussichtspunkten in der Natur, an Skipisten oder auch in Freibädern. „Das alles ist so lange unproblematisch, so lange Personen dort nicht erkennbar abgebildet werden“, sagt Brink. Genau das sieht der Privatmann aus Aachen bei der Kamera im Biberacher Hallenbad jedoch als gegeben an.
Beim Landes-Datenschutzbeauftragten habe es im vergangenen Jahr zwar „eine Fülle von Beschwerden“zur Videoüberwachung in Schwimmbädern gegeben, sagt der zuständige Referatsleiter Volker Broo. Dabei sei es aber meist um Überwachungskameras im Bereich der Spinde oder Kassenautomaten gegangen. „Eine Beschwerde über eine Webcam, die das Schwimmbecken im Fokus hat, hatten wir bislang noch nicht.“
Ähnlicher Fall in Darmstadt
Die SZ hat per Internetrecherche einen vergleichbaren Fall in Darmstadt gefunden. Dort gab es 2015 eine Beschwerde gegen eine Webcam im Jugendstilbad, die ebenfalls das Schwimmbecken zeigte. Der zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz sah dadurch die schutzwürdigen Interessen Betroffener verletzt. Das Bad schaltete die Kamera kurz darauf ab.