Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Biberach gibt Berliner Schwaben neue Heimat
Oberbürgermeister Norbert Zeidler und Kabarettist Rainer Holzrück alias Bernd Gnann schließen Pakt
- Mit einer provozierenden Berliner Werbekampagne hat alles angefangen. Jetzt will die Stadt Biberach Berliner Schwaben zurückholen und ihnen eine neue Heimat geben. Denn es gibt in der Bundeshauptstadt tatsächlich drei Linienbusse, die mit folgendem frechen Werbeslogan durch die Stadt fahren: „Liebe Schwaben, wir bringen euch gerne zum Flughafen ...“– kleingedruck und kaum lesbar steht noch der Zusatz „und auf Wunsch auch wieder zurück ...“geschrieben. Frech, oder?
Das dachte sich auch Kabarettist Rainer Holzrück, besser bekannt unter dem Namen Bernd Gnann, und stattete Biberachs Oberbürgermeister Norbert Zeidler einen Besuch ab. Der Schauspieler aus Reichenbach alias Rainer Holzrück schlägt dem Stadtoberhaupt in einem YoutubeVideo vor, die Berliner Schwaben nach Biberach zu holen. „Wir haben 26 000 Arbeitsplätze“, sagt Zeidler im Video. „Wir können immer gute Leute brauchen.“Mit dem Versprechen, die Schwaben zurückzuholen, macht sich Rainer Holzrück auf nach Berlin. Was er dort erlebt, können alle, die Lust haben, auf der FacebookSeite „Geh doch nach Biberach“verfolgen.
Kampagne ist „hart am Limit“
Die Berliner Werbekampagne beschreibt der Oberbürgermeister mit den Worten „hart am Limit“. „Ich finde es schon ziemlich frech, wenn eine so weltoffene Stadt wie Berlin so gegen uns Schwaben vorgeht. Der Schwabenhass muss da teilweise schon ziemlich krass sein“, sagt Zeidler. „Wir wollen jetzt eine sympatische und humorvolle Gegenaktion starten.“
Mehr will der Oberbürgermeister allerdings noch nicht verraten, er verspricht aber, dass noch mehr kommt. „Die Leute dürfen sich schon mal freuen“, sagt er. „Wir müssen die Spannung aber noch aufrecht erhalten.“Und ganz nebenbei erwähnt er die „Prenzlschwäbin“, die am 22. Januar zu Gast in der Stadthalle Biberach ist.
„Wir geben den ganzen Motzern in Berlin eine Antwort“, sagt Rainer Holzrück. „Und dann ist es doch ideal, wenn eine schwäbische Figur dahintersteckt.“Er kenne die Busse schon länger und wusste: „Diese Provokation ist eine tickende Zeitbombe.“Jetzt startet er gemeinsam mit einem Freund aus Stuttgart die Gegenoffensive. „Ich will noch nicht alles verraten. Nur so viel: Es wird ein längerfristiges Projekt und keine Eintagsfliege.“
Besonders freut sich Zeidler darüber, dass Bernd Gann beziehungsweise Rainer Holzrück die wichtigste Figur dieser Aktion ist. „Ich bin wirklich happy darüber, dass wir das zusammen machen.“
Vom „Schwabenhass“spürt Nicole Machold nichts. Die 30-Jährige ist vor sechs Jahren von Biberach nach Berlin gezogen. Als sie von der Werbekampagne in der Zeitung gelesen hat, musste sie ein bisschen schmunzeln: „Ich finde es nicht so schlimm, man darf das halt nicht so ernst nehmen.“Sie hat bisher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, weil sie aus dem Süden kommt. Ganz im Gegenteil: „Die Berliner sind sehr offen und das müssen sie auch sein, schließlich treffen hier so viele unterschiedliche Kulturen aufeinander.“Auch die Biberacherin Jerusalem Hailesellassie hat drei Jahre in Berlin gelebt und nichts vom „Hass“gegen die Schwaben bemerkt: „Ich muss aber ehrlich sagen, die Werbung finde ich echt ziemlich frech.“