Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Grüne wählen realpolitischen Kurs
Partei zieht mit Özdemir und Göring-Eckardt in Wahlkampf – Niederlage für linken Flügel
(sz/dpa/AFP) - Die Grünen ziehen mit Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und Parteichef Cem Özdemir als Spitzenkandidaten in den Bundestagswahlkampf. Beide gehören zum realpolitischen Flügel der Grünen und gelten als mögliche Wegbereiter einer Koalition mit der Union. Bei den Grünen im Südwesten stieß die Wahl Özdemirs auf positive Resonanz.
Özdemir hatte sich in der Wahl der Parteibasis mit knapp 35,96 Prozent und einem knappen Vorsprung von 75 Stimmen gegen den bundesweit eher unbekannten schleswig- holsteinischen Landesminister Robert Habeck (35,74 Prozent) durchgesetzt. Am schlechtesten schnitt der einzige Bewerber vom linken Parteiflügel ab: Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter holte rund 26,2 Prozent der Stimmen. Göring-Eckardt als einzige weibliche Kandidatin bekam 70,6 Prozent Zustimmung.
Özdemir meldete einen Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Bundestagswahl an. Er wolle die Grünen zu einem „starken Wahlergebnis führen, damit an uns am Ende kein Weg vorbeiführt“, sagte er in Berlin. In Umfra- gen haben aber derzeit weder Schwarz-Grün noch Rot-Rot-Grün eine Mehrheit.
„Ich werde das Spitzenduo im Wahlkampf tatkräftig unterstützen und bin überzeugt, dass wir ein wirklich gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl einfahren werden“, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grünen)am Mittwoch in Stuttgart zu dem Ergebnis der Urwahl. Gemischt fielen die Reaktionen bei der CDU in Baden-Württemberg aus. Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Reinhart, sagte, die Wahl Özdemirs zum Spitzenkandidaten stabilisiere die grün-schwarze Koalition im Südwesten. „Das eröffnet zudem eine politische Perspektive bei der kommenden Bundestagswahl“, meinte er. Hingegen steuern die Grünen nach Ansicht von CDU-Generalsekretär Manuel Hagel auf eine Zerreißprobe zu. „Nun wird sich zeigen, ob tatsächlich die gesamte grüne Partei hinter einem Spitzenduo steht, das dem Realo-Flügel zugeordnet wird.“Ein großer Teil der Grünen-Bundespartei ist seiner Ansicht nach im Fundi-Flügel verwurzelt.