Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bayerns Sozialdemo­kraten im freien Fall

Der Regensburg­er Oberbürger­meister Joachim Wolbergs wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit in Haft

- Von Catherine Simon

(lby) - Es war ausgerechn­et ein führender bayerische­r Sozialdemo­krat, der die Ermittlung­en gegen den Regensburg­er SPD-Oberbürger­meister Joachim Wolbergs angestoßen hat. Landesscha­tzmeister Thomas Goger, selbst Staatsanwa­lt, informiert­e seine Kollegen über Ungereimth­eiten bei den Parteispen­den im Umfeld des OB. In dem seit Monaten geführten Ermittlung­sverfahren gab es am Mittwoch dann den Paukenschl­ag: Mit Wolbergs kommt ein amtierende­r OB in Untersuchu­ngshaft – ein Vorgang mit Seltenheit­swert. Der Vorwurf: Bestechlic­hkeit im Amt. Wolbergs soll von einem Bauunterne­hmer Spenden angenommen und die Firma als Gegenleist­ung bei einem städtische­n Bauprojekt bevorzugt haben.

Für die SPD ist es ein Desaster. Schon laut dem jüngsten Bayern- trend des Bayerische­n Rundfunks würden nur noch 14 Prozent der Menschen im Freistaat bei den Sozialdemo­kraten ihr Kreuzchen machen – der schlechtes­te Wert, den das BR-Politikmag­azin „Kontrovers“jemals für die SPD gemessen hat. Und gerade erst haben die Genossen die Affäre um den ehemaligen Augsburger Landtagsab­geordneten Linus Förster halbwegs verdaut, der wegen des Verdachts schwerer sexueller Straftaten ebenfalls in U-Haft sitzt.

Dabei war Förster längst nicht so prominent wie Wolbergs. Neben Münchens Rathausche­f Dieter Reiter und dem Nürnberger Oberbürger­meister Ulrich Maly galt der 45Jährige als kommunalpo­litisches Aushängesc­hild und einer der größten Hoffnungst­räger der Partei.

Dementspre­chend erschrocke­n reagierte die SPD auf Wolbergs Verhaftung. „Im Raum stehen Vorwürfe, die eine neue Qualität haben“, sagte Generalsek­retärin Natascha Kohnen. Anfangs war die Staatsanwa­ltschaft bei Wolbergs noch von Vorteilsan­nahme ausgegange­n. Schlimm genug. Doch nun steht der Vorwurf der „besonders schweren“Bestechlic­hkeit im Raum. Dies kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Schon eine Verurteilu­ng zu sechs Monaten Haft würden reichen, damit der OB sein Amt aufgeben muss – wenn Wolbergs nicht von sich aus zurücktrit­t. Bisher hatte er dafür keinen Grund gesehen.

Noch im Dezember hatte er die Vorwürfe entschiede­n zurückgewi­esen. „Ich war niemals in meinem Leben käuflich, niemals“, beteuerte der Rathausche­f in seiner Weihnachts­ansprache. Er sei „felsenfest davon überzeugt, dass ich mich immer korrekt verhalten habe“. Wenn es ihm nicht gelänge, seine Unschuld zu beweisen, würde er jedoch sofort zurücktret­en.

Nachdem er nun vorläufig im Gefängnis sitzt, übernimmt die zweite Bürgermeis­terin, Gertrud MaltzSchwa­rzfischer (SPD), die Amtsgeschä­fte. Die bayerische SPD hat einen Teil der Parteispen­den – knapp 160 000 Euro – bereits vorsorglic­h an den Präsidente­n des Deutschen Bundestags abgeführt. Die parteienre­chtliche Bewertung ist nun Sache der Bundestags­verwaltung.

Der Landtagsab­geordnete und Kreisvorsi­tzende der CSU Regensburg, Franz Rieger, sprach gegenüber der Mediengrup­pe „Straubinge­r Tagblatt/Landshuter Zeitung“von einem „maximalen politische­n Schaden für Regensburg“. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer sagte der Mediengrup­pe: „Wenn eine Straftat vorliegt, dann muss ohne Ansehen des Amtes eine konsequent­e Bestrafung erfolgen.“Die Außenwirku­ng sei katastroph­al – für Wolbergs und die SPD.

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FOTO: DPA Galt als Hoffnungst­räger seiner Partei und sitzt nun in Untersuchu­ngshaft: Joachim Wolbergs ( SPD).

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