Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Empörung über Höcke-Rede
Kritik kommt sogar aus den eigenen AfD-Reihen
- Der thüringische AfD-Chef Björn Höcke (Foto: AFP) hat mit Äußerungen zum Berliner Holocaust-Mahnmal und der deutschen Erinnerungskultur massive Proteste ausgelöst. Auch aus der eigenen Partei kam Kritik.
Höcke hatte am Dienstagabend vor der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative Dresden von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“gesprochen: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich entsetzt. Ihm sei es „kalt den Rücken runtergelaufen“, schrieb er auf Facebook. „Nie, niemals dürfen wir die Demagogie eines Björn Höcke unwidersprochen lassen“, forderte der Vizekanzler. SPD-Vizechef Ralf Stegner sprach im Kurzbotschaftendienst Twitter von einer „Hetzrede“.
CDU-Vizechefin Julia Klöckner nannte die Äußerungen „menschenverachtend, geschichtsvergessen“. Sie atmeten „den Geist rechtsradikaler Hetze“, erklärte die rheinlandpfälzische Landesvorsitzende. Die Grünen-Chefin Simone Peter nannte die Rede „unsäglich“. Die Vorsitzenden der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, stellten nach Angaben der Fraktion Strafanzeige. Der Satz Höckes zum Holocaust-Mahnmal sei „nicht nur geschichtlich und politisch widerlich“, das sei „schlicht Nazi-Diktion“.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte die Aussagen „zutiefst empörend und völlig inakzeptabel“. Damit trete Höcke „das Andenken an die sechs Millionen ermordeten Juden mit Füßen“.
Unterdessen distanzierten sich auch die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry von den Äußerungen: „Björn Höcke ist mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden.“Jörg Meuthen, neben Petry Bundesvorsitzender der Partei und Fraktionschef der AfD im Landtag von Baden-Württemberg, wollte am Mittwoch nichts dazu sagen. Meuthen, der als Vertreter eines eher gemäßigten AfD-Flügels gilt, hatte Höcke zuletzt unterstützt.
Alice Weidel, die als Spitzenkandidatin der AfD für Baden-Württemberg in den Bundestagswahlkampf zieht, kritisierte Höcke scharf: „Die AfD ist eine zukunftsorientierte Partei. Sie steht für die Korrektur der Fehlentwicklungen der Gegenwart und nicht für die Revision der Vergangenheit. Solche unsäglichen, rückwärtsgewandten Debatten sind überflüssig und kontraproduktiv. Herrn Höckes Alleingänge schaden der Akzeptanz der Partei bei den Bürgern.“Der Tübinger Markus Frohnmaier, Vorsitzender der AfDJugendorganisation Junge Alternative, sagte, die Äußerungen seien eine Einladung, falsch verstanden zu werden: „Wichtiger als über HolocaustMahnmale zu debattieren, ist es beispielsweise, eine vernünftige Bildungspolitik zu haben, in der Schüler im ganzen Land ein breites Wissen über unsere Geschichte vermittelt bekommen und so einen positiven Bezug zu ihrer Heimat entwickeln.“